Haupttitel

Ulrich Holbein

Dies Meer hat keine Ufer

Klassische Sufi-Mystik
marixverlag
Impressum
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Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: Sufi Tale Illustration, Aquarell von Peter Szasz, USA – Sausalito
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
eBook-Bearbeitung: Medienservice Feiß, Burgwitz
Gesetzt in der Palatino Ind Uni – untersteht der GPL v2
 
ISBN: 978-3-8438-0051-8
 
www.marixverlag.de

Inhalt

Über den Autor

Zum Buch

Vorbemerkung

Berge gehen wie Wolken dahin

Weisheit aus verrückten Mündern

Bevor du abkratzt – stirb!

Euer Bauch ist ein Hund!

Wer um tausend Jahre zurückfällt

Die größte Sonne mit den kleinsten Sternen suchen

Sufismus ist Sanftmut

An Allah denken, bis Allah an mich denkt

Wer ist wahrhaft weise?

Abu Bakr Schibli sprach zu mir

Die ganze Welt für eine Lumpenmütze

Denn er glich sowieso den Engeln

Wir wollen nicht wollen

Lustgefühle und Lichter finden kein Ende

Wollust jenseits des Leibes

Wie Muscheln der Erleuchtung im Meer der Seele

Ein hungriger Narr geht in die Wüste

Kein süßeres Gesöff als dieses Gift

Dessen Herz wird gereinigt

Jedes Heizhaus hat ein Rosengärtchen

Falls du an mein Grab gepilgert kommst

Acht Paradiese anzünden und neun Höllen löschen

Wer Allahs Nähe sucht, ist kühn

O Allah, hasse uns nicht!

Entferne dich von dir selbst und komm!

Wer die Derwische wirklich sind

Manchmal kam Schibli zu Dschunaid

Meine Glieder sind verrückt

Ich bin als Mystiker Elefant, du bloß Mücke

Jede Nacht achtzig Tränenmeere vergießen

Strenge Suren, weiche Sufis

Eines Tages kam Ibrahim an einen Brunnen

Was nützt mir die Ka’ba?

Wir gingen von Gott zu Gott

Ihr metaphysischer Durst wurde nie gelöscht

Gläubige wie Ungläubige, getaucht in Blut

Wer das Kamel nicht bewältigen kann

Mein Esel trägt ein Ringlein hold

Ich ging ohne mich zu Allah

Sufi-Mystik – im Ozean göttlicher Scheinparadoxa

Zeittafel klassischer Sufis

Klassisches Sufi-Vokabular

Tasawwuf und takalluf

Literaturverzeichnis

Kontakt zum Verlag

Vorbemerkung

In der Goldenen Ära des Sufismus, zwischen 800 und 1300, scheinen zwischen Ägypten und Pakistan merkwürdige Scheiche, komische Derwische, Sufi-Heilige in einer Kopfzahl herumgelaufen zu sein wie im antiken Griechenland Wanderphilosophen, Vorsokratiker, Kyniker, im Vorderen Orient Gnostiker oder im christlichen Mittelalter Ketzer, Flagellanten und Wiedertäufer. Recht verschiedene Persönlichkeiten – Denktypen, Theologen, Asketen, bisweilen auch Spaßvögel – frönten allesamt der Neigung, sich in die vorgegebene Religion ihres jeweiligen Landes unmäßig engagiert hineinzuleben und auf dem Weg zu Gott in Verzückungszustände zu verfallen. Alle fanden ungefähr dieselbe Wahrheit, mit kleinen charakterbedingten Unterschieden. Wer von seinen Erkenntnissen nichts aufschrieb, hinterließ Sprüche, Antworten, Bruchstücke aus Lehrgebäuden, Verse, Weisheiten, auch biographische Fragmente, Episoden und Anekdoten.

Bisherige Sufismus-Darstellungen malen oft ein romantisch idealisiertes, allzu frommes oder biederes, mit christlichen Begriffen überlastetes, sprachlich ungenügendes, esoterisch verwässertes Sufi-Bild. In dieser neuen Kompilation werden erstmals gewisse Verstiegenheiten, abstruser Humor, Sexus, Obszönitäten, orientalische Grausamkeit nicht unter den Perserteppich gekehrt. Geboten wird ein vielstimmiges Panorama und Stimmenkonzert, das Widersprüche und Wahnwitz weder glättet noch überbetont. So entsteht mit diesem Sammelbecken und Delta sufischer Weisheiten und Unweisheiten ein durchaus neues Gesamtbild muslimischer und auch anderer Mystik, nach Themengruppen sortiert, und pro Kapitel chronologisch geordnet, ausgegraben aus vergriffenen, abgelegenen Quellen, vergleichbaren Übersetzungen zusammengetragen, teils neu übersetzt bis nachgedichtet, manches erstmals auf Deutsch, mit einem genaueren Blick auf den Beispiel-Sufi Bayezid al-Bastami, den »König der Mystiker«. Inklusive am Schluss ein Sufi-Glossarium, Zusatzmaterialien, Liste klassischer Scheiche zwecks Weiterstudium, Bibliographie sowie als eine Art Nachwort ein umfassend ausholender Traktat über islamische Mystik im Gesamtbild anderer und jeder Mystik.

Ulrich Holbein im August 2009

Berge gehen wie Wolken dahin

Prophetenworte als Keimzellen späterer Mystik und Dichtkunst

Und du siehst die Berge, die du für unbeweglich hältst, wie Wolken dahingehen.

Sure 27

Und wir zwangen die Berge und Vögel, uns mit David zu preisen.

Sure 21, 80

Hätten wir diesen Koran auf einen Berg herabkommen lassen, hättest du ihn aus Furcht vor Allah demütig zusammensinken und sich spalten gesehen.

Sure 59, 22

An diesem Tage wollen wir die Himmel zusammenrollen, so wie man ein beschriebenes Pergament zusammenrollt.

Sure 21, 106

– und die Menschen werden dir trunken scheinen, obgleich sie nicht berauscht sind.

Sure 22, 4

Diese Welt ist ein Zauberer und wir sind die Händler, die ihr die gemessenen Mondstrahlen abkaufen.

Hadith

Ana wa Aliyun min nurin wahidin (Ich und Ali bestehen aus einem einzigen Licht)

Hadith

Der Hass der Fledermäuse beweist, dass ich die Sonne bin.

Hadith

Die Absicht des Gläubigen ist besser als das Werk.

Von Sufis gern zitiertes Prophetenwort

Wenn Allah einen Menschen liebt, schaden ihm seine Sünden nicht.

Prophetenwort, auf das die Sufis sich stürzten und das sie in Umlauf brachten

Der Prophet hat gesagt: »Gar mancher Zerzauste, Staubbedeckte, mit zwei Fetzen Bekleidete, würde er Allah beschwören, so erfüllte Allah seinen Schwur. Al-Bara’ ist einer von ihnen.«

Sarradsch in seinem Kapitel »Widerlegung derer, die behaupten, die Sufis seien unwissende Leute und es gebe für die sufische Wissenschaft keinen Beweis aus dem heiligen Buch und der Überlieferung«, Kapitel 7 seines Werks »Kitab al-luma«

Wer mich im Traum sieht, sieht mich tatsächlich; denn der Teufel nimmt nicht meine Gestalt an.

Allah schuf die Engel, damit die Vernunft auf ihnen reite.

Ich habe Stunden, wo mich weder ein Engel fasst noch ein Cherub.

Wir haben den äußeren Feind besiegt, aber in uns wohnt ein viel schlimmerer Feind.

Die Tinte des Gelehrten ist heiliger als das Blut des Märtyrers.

Wenn ihr wüsstet, was ich weiß, ihr würdet viel weinen und wenig lachen.

Weint, und wenn ihr nicht weint, dann verhaltet euch wie Weinende.

Wer immer von euch Isa ibn Maryam (Jesus, den Sohn der Maria) trifft, soll ihm meine Grüße ausrichten.

Hadith

Schmähe nicht den Gockelhahn, denn er ruft dich zum Gebet!

Allah hat mir befohlen, den Schnurrbart zu stutzen und den Bart wachsen zu lassen.

Ein einziges kaschisch (Ziehen) Allahs kommt dem Streben von Menschen und Dschinnen gleich.

Gott gibt nicht das Diesseits, damit es zum Jenseits führe, er will nicht das Jenseits geben, damit es zum Diesseits führe.

Die zahlreichsten unter den Paradiesbewohnern sind die Narren.

Der Glaube des Menschen erreicht sein volles Maß erst dann, wenn man ihn für verrückt erklärt.

Prophetenwort, das Abu Sa’id auf sich bezog

Die Menschen schlafen, und wenn sie sterben, erwachen sie.

Vertraue auf Allah, aber binde zuerst dein Kamel fest.

Bevor du abkratzt – stirb!

Sufi-Regeln, Sufi-Mottos, Sufi-Kurzformeln

Hoffe mehr auf das, was du nicht erhoffen kannst, als auf das, was du erhoffst.

Spruch auf den Steintafeln alter Perserkönige, gern von Sufis zitiert und als Wahlspruch erkoren

Eine Person, die keinen einzigen Teil des Koran auswendig lernt, ist wie ein verlassenes Haus.

Hadith

Wer sich erkennt, der erkennt seinen Herrn.

Unauthentisches, angebliches Prophetenwort, das zurückgeht auf Klemens von Alexandrien »Paedagogus III«, in der islamischen Welt verbreitet durch Yahya ibn Mu’ad al-Razi

Faqri fakhri (meine Armut ist mein Stolz)

Angeblicher Prophetenspruch

Mutu qabla an tamtutu! Wach auf, bevor du geweckt wirst! Bzw. Sterbt, bevor ihr sterbt!

Auf ein Prophetenwort zurückgehender Lieblingsspruch – fast – aller Sufis; überliefert von Nadschmuddin al-Kubra; weitergedachte Variante: »Sterbt, damit ihr nicht sterbt!«

Wahdat ul-wudschud = Einheit des Seins

Viel gebrauchtes Schlagwort persischer Derwische

Fa-kulli bi-kulli l-kulli kullan bi kullihi. (Mein Alles ist in der Gesamtheit vollkommen vereinigt mit Seinem Alles.)

Al-Harkuschi

Wenn fakr (Armut) vollkommen wird, ist es Allah.

Sufi-Standardausspruch, keinem bestimmten Derwisch zuzuordnen

Wessen Herz bei Gebet und Andacht nicht anwesend ist, dem bleibt das Tor Allahs verschlossen.

Ibrahim ibn Adham

Ein Mund, der einmal den Namen Allahs ausgesprochen hat, darf nie mit verbotenen Getränken beschmutzt werden.

Ibrahim ibn Adham

Flieh vor den Menschen wie vor einer reißenden Bestie!

Ibrahim ibn Adham

Wenn du sündigen willst, ernähre dich nicht mit dem, was Allah gehört!

Maxime Nr. 1 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Wenn du sündigst, such dir einen Ort außerhalb von Allahs Reich!

Maxime Nr. 2 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Sündige so, dass Allah dich nicht sieht!

Maxime Nr. 3 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Wenn der Todesengel zu dir kommt, bitte ihn, er möge dir Zeit geben, deine Missetaten zu sühnen.

Maxime Nr. 4 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Wenn dir im Grab zwei Engel erscheinen und nach deinem Lebenslauf fragen, jage sie fort!

Maxime Nr. 5 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Wenn man dich am Jüngsten Tag in die Hölle führt, gehe nicht hin!

Maxime Nr. 6 von sechs unmöglich zu befolgenden Maximen Ibrahim ibn Adhams

Betrübtheit in Demut ist besser als Heiterkeit im Hochmut.

Du n-Nun al-Misri

Wähle jenen zum Freund, der deinen Tadel nicht tadelt!

Du n-Nun al-Misri

Der Gläubige sollte dreierlei von dir erwarten dürfen: Dass du ihm nicht schadest, wenn du ihm schon nicht nützen kannst. Dass du ihn nicht traurig machst, wenn du ihn schon nicht fröhlich machen kannst. Dass du ihn nicht tadelst, wenn du ihn schon nicht lobst.

Yahya ibn Mu’ad al-Razi

Ana l-Haqq (Ich bin Gott bzw. ich bin die absolute Wahrheit)!

Berühmter, als ketzerisch missverstandener Ausspruch Mansur al-Halladschs

Dein Streben sei mit dir, ohne vorauszueilen und ohne hinterherzuhinken.

Abu Bakr Schibli

Einen Sufi gibt es nicht in der Welt, und wenn es einen Sufi gäbe, so wär’ er kein Sufi.

Kharaqani zugesprochen; sicher längst vorher vorhanden und im Umlauf; später auch von Rumi im »Mathnawi« zitiert, ohne Urheberangabe

Werdet weniger, dann seid ihr alles.

Abu Sa’id

Es geht nur um eins, schreib’s dir auf den Fingernagel: Schlachte dein Ich! Andernfalls gib dich nicht ab mit den Narreteien der Sufis! (Auch übersetzbar als: »Schlachte deine nafs (Triebseele)!«

Abu Sa’ids häufigster Appell, den er in fast alle Predigten einbaute

Jedes Haar eines Erkenners (Mystikers) wird zum Auge.

Sana’i

Eine Stunde Versenkung ist besser als ein Jahr Gottesdienst.

Sufispruch, der zwischen 8. und 13. Jahrhundert in vielen Varianten kursierte

Haltwat dar anschuman = Klausur in Gesellschaft, einsam in der Menge, ein sufisches Pendant zum inneren Exil

Eine der acht Richtlinien oder Schlagworte von Baha’uddin-i Naqschband

Koste nicht vom Diesseits!

Regel auch noch heutiger schiitischer Sufi-Orden

Spiele nicht mit Allah!

Regel auch noch heutiger schiitischer Sufi-Orden

Komm in Ehre! – Setze dich in Ehrenhaftigkeit! – Sprich mit Weisheit! – Gürte dich zum Dienen! – Geh mit dem Wirkungsvermögen! – Sei Gifttrinker! (D.h. ertrage die Bitternisse des Lebens in Geduld) – Sei Geheimnishüter! – Sei still!

Die acht Worte, die beim Eintritt neuer Adepten in den Haksar-Orden gesprochen werden

Weisheit aus verrückten Mündern

Orientalische Sprichwörter

Die Wurzeln erzählen den Zweigen nicht, was sie denken.

Wenn das Huhn getrunken hat, blickt es auf zu seinem Gott.

Wer ein Kamel bewirtet, muss eine hohe Haustür haben.

Spiel nicht Laute vor einem brünstigen Kamel!

Ein Narr trägt sein Herz auf der Zunge, ein Weiser seinen Mund im Herzen.

Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.

Der Weise wird nicht satt an schönen Sprüchen.

Ich staune: Das Wort eines Weisen aus dem Mund eines Verrückten!

Eine Maus trat zum Islam über – weder vermehrte sie die Zahl der Musulmanen, noch verringerte sie die Zahl der Christen.

Ein Hund und ein Grindkopf sind eine schöne Gesellschaft zu einer gesegneten Pilgerfahrt.

Zuviel Flattern zerbricht die Flügel.

Ein Blinder sagt zu einem Blinden: »Ein schwarzer Tag, an dem wir zusammengetroffen sind.«

Die Dunkelheit ist angenehmer als die Blindheit.

Wenn dir einer sagt, er habe einen Berg versetzt, so kannst du ihm Glauben schenken. Aber wenn dir einer sagt, er hätte seinen Charakter geändert, so glaube das keinesfalls.

Ist auch der Dichter gestorben, seine Zunge verfault nicht.

Euer Bauch ist ein Hund!

Sufi-Ansprachen, Sufi-Belehrungen, Sufi-Appelle

O mein Sohn, der du die äußerliche Wissenschaft lernst und die Geheimwissenschaft verlässt, du wirst dein Leben verlieren, ohne dass du es weißt.

Imam Dschaffar Sadek

Solange du nicht vor Furcht solchen Schmerz empfindest, als ob du alle Menschen in der Welt umgebracht hättest, bist du nicht würdig, ein Mann zu heißen.

Uweis al-Qarani

O Menschenkind, das Messer wird gewetzt, der Ofen geheizt und der Widder gemästet!

Hasan von Basra

O Menschenkind, tritt die Erde mit deinem Fuß; sie ist bald dein Grab!

Hasan von Basra

Die Seligen sollen während siebenmal hunderttausend Jahren in Verzückung verweilen und durch das Anschauen einer Schönheit, durch die Vereinigung verschlungen werden.

Hasan von Basra

Ich schwöre euch: Wenn den Heuchlern Schwänze wüchsen, fänden die Gläubigen keinen Platz, auf dem sie gehen könnten.

Malik ibn Dinar

Ich rufe euch als Zeugen an, dass ich nachtblind bin.

Malik ibn Dinar

Wer Allah erkennt, ist damit voll beschäftigt. Doch wehe dem, dessen Leben umsonst dahinschwindet.

Malik ibn Dinar

Lieber mit einem Hund zusammensitzen, als mit einem schlechten Gefährten.

Malik ibn Dinar

Mit Frommen Steine schleppen, nützt dir mehr, als mit Bösewichten Dattelpudding essen.

Malik ibn Dinar

O Brüder! Wahrlich, ich sage euch, wäre nicht der Pinkeldrang, so ginge ich nicht aus der Moschee hinaus!

Malik ibn Dinar

Euer Bauch ist ein Hund. Wirf dem Hund einen Brocken hin, dann gibt er Ruhe. Und macht aus eurem Bauch keinen dschuruban (Sack) für den Teufel, in den er hineintun kann, was er will.

Malik ibn Dinar

O ihr Menschen! Durch die Augen führt kein Weg zu Allah! Durch die Zunge erreicht ihr Ihn auch nicht. Das Ohr ist nur der peinvolle Weg der Redner, und Hände und Füße sind in Machtlosigkeit versunken. Es bleibt nur ein Mittel, und das ist dein Herz. Strebe danach, dass du dein Herz wach erhältst.

Rabi’a

Geh aus dem Diesseits hinaus, bevor man dich hinausträgt!

Ibrahim ibn Adham

Baqiy, sei Schwanz, sei nicht Kopf! Der Schwanz kommt davon, der Kopf kommt um!

Ibrahim ibn Adham

Gegen Allah darf man sich nicht auflehnen, aber auf andere als Ihn kann man nicht hoffen.

Ibrahim ibn Adham

Wenn du lange in den Spiegel der Umkehr schaust, zeigt sich dir die Entstellung durch die Hässlichkeit der Sünde.

Ibrahim ibn Adham

Keiner erreicht den Rang der Männer durch Ritualgebet, Fasten, dschihad (Krieg) und Wallfahrt, sondern nur dadurch, dass er weiß, was er in seinen Schlund steckt.

Ibrahim ibn Adham

Wenn du Allah nicht anbeten willst, sündige wenigstens nicht gegen Ihn.

Bischr al-Hafi

Wenn du dein ganzes Leben in Dank verbringst, hast du noch nicht genug dafür gedankt, dass Allah den Menschen Seinen Freund genannt hat.

Bischr al-Hafi

Im ersten Schritt auf dem Pfad zu Allah wirst du schon alles finden, was du suchst. Falls nicht, beweist das nur, dass du den ersten Schritt noch nicht getan hast.

Du n-Nun al-Misri

Nimm die Standhaftigkeit zum Kopfkissen, umarme die Armut, handle der Triebseele zuwider, bekämpfe den Trieb und sei mit Allah, wo immer du bist!

Du n-Nun al-Misri

Ihr habt Schlösser wie der Kaiser, Häuser wie in Khosrau, nicht wie Ali! Eure Gesichter sind pharaonisch, eure Sitten sultanisch, eure Hochzeiten pharaonisch, eure Trauergebräuche gebrisch – mit der Religion Muhammads habt ihr nichts zu tun!

Yahya ibn Mu’ad al-Razi

Lasst das Planen und Wählen, denn beides trübt den Menschen das freie Leben!

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Für das Musikhören sind drei Dinge nötig: die Zeit, der Ort und die Brüder.

Dschunaid

Wenn du siehst, dass ein murid (Schüler) das Musikhören liebt, so wisse, dass in ihm noch ein Rest nichtiger Interessen steckt.

Dschunaid

Der Mensch hat die Pflicht, seine Atemzüge im Vorüberziehen der Augenblicke zu behüten.

Dschunaid

Du gelangst nicht zur reinen Freiheit, solange du der Verwirklichung der Gottesknechtschaft noch etwas schuldig bist.

Dschunaid

Sei eigenschaftslos, dann begreifst du das Eigenschaftslose.

Unbekannter Zeitgenosse Dschunaids

Opfere dein Ich, und befass dich dann nicht mehr mit den Possen der Sufis!

Ruwaym

Zählt eure Atemzüge und Augenblicke, und damit genug!

Wasiti

Solang du hinweist, bist du kein Monotheist, bis Allah sich deines auf Ihn Hinweisens bemächtigt, indem Er dich dir fortnimmt, sodass weder ein Hinweisender zurückbleibt noch ein Hinweis.

Halladsch

Sprich nicht über Allah, um Ihn zu bestätigen, und neige dich nicht Seiner Verneinung zu. Und hüte dich vor dem Bekenntnis Seiner Einheit!

Halladsch

Tötet mich, o Freunde! In meiner Hinrichtung werd ich leben! In meinem Tod, da wohnt mein Leben! Ruhmreich will ich erlöschen; Schande wär’s, unrühmlich an diesem Leib zu kleben. Inmitten der Trümmer bin ich den Lebens übersatt – vergießt mein Blut, setzt diese Knochen in Brand!

Halladsch

Allah packt dich von dir weg und lässt dich los durch Sich und für Sich.

Ibn Ata

Euer Nu ist vom andern Nu abgeschnitten, mein Nu aber hat keine zwei Enden, und mein Meer hat keine Ufer.

Schibli

Es liebt dich mein Herz, solang ich lebe. Wenn ich sterbe, liebt dich ein morscher Knochen in der Erde.

Schibli

Wenn du betteln gehst, dann sieh weder die Leute noch dich selber.

Schibli

Hol zwei Säcke, mach sie ganz voll mit Erbarmen und bring sie mit! Sie sollen unser Anteil an der Wallfahrt sein, den wir unter den Ansässigen verteilen und den Besuchern als Willkomm reichen.

Schibli

Das beste Gedenken ist das Vergessen des Gedenkens in der Schau dessen, dessen du gedenkst.

Schibli

Ihr Leute! Ich gehe bis dahin, wo es kein Dahinter gibt. Und komm zurück und seh’ alles, was ich dort gesehen hab’, in einem einzigen Haar meines kleinen Fingers.

Schibli

Dies bisschen Zeit, das du hast, geh gut mit ihr um! Man muss sie nämlich von hier mitnehmen. Drüben gibt’s keine Zeit mehr.

Schibli

Halte dich an das Alleinsein, lösche deinen Namen unter den Leuten aus und kehre dich mit dem Gesicht zur Wand, bis du stirbst.

Schibli

Der Unterschied zwischen mir und euch ist nur einer, nämlich dass ihr zu mir sprecht und ich zu Ihm spreche; dass ihr von mir hört und ich von Ihm höre; dass ihr mich seht und ich Ihn sehe. Ansonsten aber bin ich ein Mensch wie ihr.

Abu l-Abbas-i Qassab von Amul

Sobald das halqiyat (Kreatursein) sich von dir trennt, lebst du mit Allah.

Kharaqani

Ihr hängt ja nur an den Freundlichkeiten Allahs, statt an Allah.

Predigt von Muhammad- Qassab-i Amuli an die Leute von Hare

Wer einen Weg zu Allah sucht, muss ihn über die Derwische nehmen, denn sie sind die Tür zu Allah.

Abu Sa’id

Durchlebe jeden der dreißigtausend Atemzüge einer Nacht im Bewusstsein, Allah zu gehören!

Abu Sa’id

Solange ein Stäubchen Bejahung noch in dir steckt, bleibt ein Hindernis. Bejahung gehört zum Herrn, Verneinung zum Knecht.

Abu Sa’id

Mein Bruder, sei immer wie eine Vertiefung vor dem Besen, nicht wie ein Berg hinter dem Besen!

Abu Sa’id

Was du im Kopf hast, lass fahren; was du in der Hand hast, wirf fort; was dir entgegenkommt, dem weiche nicht aus.

Abu Sa’id

Dein Ich ist dein Gefängnis. Verlässt du es, so kommst du in den ewigen Frieden.

Abu Sa’id

»Zwei« sagen ist unglaublich. Davor muss man sich hüten. Das ist dein Ich, das auf dich einredet und dich unter die Geschöpfe wirft.

Abu Sa’id

Alles ist Allah, und du bist nichts. Du sagst zwar schon jetzt: ich bin niemand. Aber wenn Allah eine Haarspitze vorstehen lässt, beginnst du zu schreien.

Abu Sa’id

Brüder, eine Gottesnot ist ausgebrochen! Früher gab’s Brotnot und Wassernot. Jetzt haben wir Gottesnot. Schaut mich an! Mit mir ist unsere Sache zu Ende! Nichts ist mehr da, und was noch da ist, ist auch schon dahingegangen.

Abu Sa’id

Solange du nicht deinem Ich absagst, glaubst du nicht an Allah. Der Gegengott eines jeden ist sein Ich, jenes Ich, das dich von Allah fernhält und dir zuraunt: Der und der hat dir Hässliches getan, und der und der hat dir Gutes getan. Alles das ist Vielgötterei.

Abu Sa’id

Das alles ist nur dein Ich. Tötest du es, dann gut. Sonst tötet es dich.

Abu Sa’id

Wenn diese Blätter und Grashalme behaupten würden, Abu Sa’id zu sein, glaub das ja nicht, wende dich ja nicht mir oder irgendeinem Abu Sa’id zu, sondern fasse ausschließlich Allah ins Auge!

Abu Sa’id

Dein Selbstbewusstsein und deine Ichheit sind Schleier. Wenn du die weghebst, bist du bei Allah angelangt.

Abu Sa’id

Wenn du mich siehst, siehst du Ihn, und wenn du Ihn siehst, siehst du mich.

Abu Sa’id

Hier geht es nicht darum, große Strecken zurückzulegen und Reisestrapazen zu erdulden. Entferne dich einen Schritt von dir selbst und du bist am Ziel.

Abu Ali ad-Daqqaq

Meine Verrücktheit kommt von der Heftigkeit meiner Gottesliebe; euer Normalzustand kommt vom Übermaß eurer gafla (religiösen Gleichgültigkeit).

Abu Bakr Schibli, ihm in den Mund gelegt von Hudschwiri

Nun aber macht den Platz schmutzig, damit die Engel fortgehen, denn jetzt ist Landwirtschaft fällig!

Ein Sufi namens Muhammad-i Bu l-Abbas in Gazwin-i Malin bei Hare, am Schluss hochtrabender Diskussionen über Mystik, überliefert von Abdullah Ansari: »Tabaqat us-sufiya«

Du willst ohne Liebe ans Ziel? Dann bist du nur eine Ameise, die von Indien nach Mekka will. Halte dich an die Liebe, dann bist du eine Ameise, die sich von einer Taube oder einem Königsfalken ans Ziel tragen lässt.

Ayn al-qudah al-Hamadani

Die zwei, drei Finsternisse der Welt verfinstern euch diese vielen Helligkeiten.

Baha’uddin Walad

Stelle alle deine Teilchen jedem einzelnen der Namen Gottes gegenüber und erkenne, dass jedes Teilchen die Eigenschaften Gottes teilt.

Baha’uddin Walad

Alle hagatha (Anliegen der Geschöpfe) sind Gotteskinder, aus Ihm geboren, also verlangen sie auch die Milch des Verlangens von Ihm, saugen sie aus Ihm und büßen ihre maza an Ihm. Substanzen und Körper sind wie Wiegen und Häuser. So lass denn immer die hagatha in allen Arten vor Allah zappeln und aus seinem Überfluss saugen, dann hast du Allah verehrt.

Baha’uddin Walad

Der Tag der Auferstehung ist mein Geist, da so viele Unterschiedlichkeiten in ihm jeden Tag erscheinen. So bleib denn stehen, betrachte diese Geister des Ostens und des Westens und sieh ihre Verschiedenheit, dann hast du die Auferstehung gesehen! Und schau, wie man sie tadelt!

Baha’uddin Walad

Sieh, wie viel tausend Arten von Wunderbarkeiten diese deine Teilchen erhalten haben, bis sie Teilchen des Menschen wurden! Bald waren sie grüne Pflanzen, bald schöne Menschen, bald Liebende, bald Bäche. Als sie Teilchen des Menschen wurden, schaute der Mensch viel tausend Wunderbarkeiten, und die Freude jeder Wunderbarkeit blieb auf den Zustand ihres Daseins beschränkt und verging dann wieder. Denn flössen auf einmal alle diese Quellen der Freuden, würden sie dich gänzlich aus dieser Welt hinwegspülen. Einen Vergleich zu bringen: Wenn Winde, Wasser, Donner und Blitz alle auf einmal kämen, wie könnte dann die Welt des Staubes standhalten?

Baha’uddin Walad

Verscherz das Scherzen nicht ganz, denn der Spaß der Spielereien ist der Ernst einer ernsthaft bemühten Seele.

Umar ibn al-Farid

O du, der Bilqis gleicht, erheb dich königlich wie Adham; setz dieses Königreich, das zwei, drei Tage dauert, schnell in Brand.

Rumi: »Mathnawi«, Buch 4, Vers 828

Wenn dein Verstand vor Staunen deinen Kopf verlässt, dann wird aus jeder deiner Kopfhaarspitzen ein neuer Kopf und Verstand.

Rumi: »Mathnawi«, Buch 4, Vers 1426

Durch deine Derwischmütze wirst du nicht zum Derwisch. Besäßest du hingegen Eigenschaften eines Derwischs, könntest du sogar Mongolenmützen tragen.

Saadi: »Dschulistan«, Buch 2, Geschichte 15

O Weiser, dein Bauch ist der Kerker des Blähwinds. Staut dieser sich auf, dann gib ihm die Freiheit. Und will ein Gast mit gerümpfter Nase deswegen das Gastmahl verlassen, so halte auch dessen Entweichen nicht auf!

Saadi: »Dschulistan«, Buch 2, Geschichte 29

Wer um tausend Jahre zurückfällt

Donnerworte und Drohungen

Nein, verflucht hat sie Gott wegen ihres Unglaubens, und nur wenige glauben.

Sure 2,72

Für die Ungläubigen sind Kleider aus Feuer bereitet, und siedendes Wasser soll über ihre Häupter gegossen werden, wodurch sich ihre Eingeweide und ihre Haut auflösen.

Sure 22, 22

Ich schwöre bei Allah, die Zeit ist nahe, wo Isa ibn Maryam als gerechter König zu eurem Volk vom Himmel herabsteigt, das Kreuz zerbricht, alle Schweine tötet und alle Unterdrückten von Steuern befreit.

Hadith

Ihr treibt die Leute vor euch her, und die Todesstunde treibt euch vor sich her.

Hasan von Basra in einer Bußpredigt

Wer in der Welt zweizüngig ist, der bekommt am jüngsten Tag zwei Zungen aus Feuer!

Hasan von Basra

Wer eine Arznei nimmt, und wenn es nur ein Schluck kaltes Wasser wäre, wird am Gerichtstag gefragt, warum er ihn nahm.

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Wer behauptet, jemand sei über den Standplatz Muhammads hinausgekommen oder komme darüber hinaus, ist ein Ketzer. Denn die Anfangsstufe der Gottesfreunde ist die Anfangsstufe der Propheten.

Wasiti

Gehorche nicht dem Hund in dir, damit du nicht am Jüngsten Tage in Hundegestalt auferstehst!

Sufyan at-Tauri

Wenn einer einen Garten betritt mit vielen Bäumen und mit einem Vogel auf jedem Baum, der in klarer Rede zu ihm spricht »Friede sei mit dir, Freund Gottes!«, und er dann nicht fürchtet, dass das eine Arglist Allahs sei, dann ist er ein Überlisteter.

Sari as-Saqati, überliefert von Quschairy

Wer des Nachts auch nur eine Stunde in gafla (religiöser Gleichgültigkeit) verschläft, fällt auf dem Weg ins Jenseits um tausend Jahre zurück.

Schibli

Die größte Sonne mit den kleinsten Sternen suchen

Sufi-Gedanken, Sufi-Philosophie, Sufi-Wahrheiten

Häufiges Schauen auf das Nichtige führt zum Verlust der Erkenntnis des Wahren.

Ibrahim ibn Adham

Allah ist zu erhaben, als dass das Tun Seiner Geschöpfe Ihn erzürnen könnte. Vielmehr hat Er auf manche Menschen mit dem Auge des Zorns geblickt, bevor Er sie erschaffen hat, und nachdem Er sie hervorgebracht hatte, hat Er sie veranlasst, die Werke derer zu tun, die Sein Zorn trifft. Ebenso ist Er zu groß, als dass das Tun Seiner Geschöpfe bei Ihm Gefallen finden könnte. Vielmehr hat er auf manche Menschen mit dem Auge des Wohlgefallens geblickt, bevor Er sie geschaffen hat, und nachdem er sie dann hervorgebracht hat, hat er sie veranlasst, die Werke derer zu tun, die sein Wohlgefallen finden.

Abu Sulaiman ad-Darani

In der Vertrautheit fühlen sich die Geliebten Allahs so, als ob sie im Paradies weilen, wo Allah mit der Zunge des Lichtes mit ihnen redet.

Du n-Nun al-Misri

Wer Allah erkennt, verzichtet auf alles, was von Ihm ablenkt.

Bayezid

Das Wissen um das innerste Wesen der Wahrheit ist Unkenntnis, und das Wissen um die innerste Wirklichkeit der Gotteserkenntnis ist ein Vorbeihuschen.

Bayezid

Wer aus dem Schweigen der Theologen keinen Nutzen zieht, gewinnt von ihren Reden auch keinen Nutzen.

Bayezid

Der Erkenner (Mystiker) sorgt sich um das, was er hofft; der Verzichter (Asket) um, was er isst. Der Erkenner fliegt, der Verzichter marschiert. Der Verzichter sagt: »Wie mach ich es?«; der Erkenner: »Wie macht Er es?«

Bayezid

Der Wollende geht, und der Gewollte fliegt. Wann aber kann der, der geht, den, der fliegt, einholen?

Dschunaid

Man ist solange kein Mystiker, als man nicht ist wie die Erde, die Fromme und Sittenlose betreten können, und wie die Wolke die allen Dingen Schatten spendet, und wie der Regen, der tränkt, was er liebt und was er nicht liebt.

Dschunaid

Wenn dieses unser Wissen auf den Misthaufen geworfen würde, nähme jeder davon nur seinen Anteil, nach dem ihm entsprechenden Maß.

Dschunaid

Wessen Freude sich an anderem entzündet als an Allah, dessen Freude hinterlässt Sorgen.

Ahmad ibn Masruq

Wer die Wahrheit mit dem Licht des Glaubens sucht, sucht die größte Sonne mit dem Licht der kleinsten Sterne.

Halladsch

Wer Freiheit will, begebe sich in Gottesknechtschaft.

Halladsch

Die Zunge verdirbt stille Herzen; Geschwätz hängt an Ursachen wie Handlungen an Unglauben; wahr aber wird erst ein Leben, das sich frei macht von alledem.

Halladsch

Wer etwas anderes fürchtet als Allah oder anderes erhofft als Ihn, vor dem schließt Er alle Tore zum Guten, und er setzt die Angst zum Herrscher über ihn ein und sperrt ihn ab mit siebzig Absperrungen, deren geringste Zweifel heißt.

Halladsch

Der Schmetterling fliegt um die Kerze bis zum Morgen, kehrt zu den Körpern zurück und benachrichtigt sie von seiner Lage mit den angenehmsten Worten; dann erfreut er sich weiter am vertrauten Spiel, aus Gier, zur Vollkommenheit zu gelangen. Er hat sich nicht mit ihrem Licht und ihrer Hitze begnügt, sondern wirft sich ganz in sie, während die Körper erwarten, dass er zurückkommt und sie von dem, was er sah, benachrichtigt, da er sich mit dem, was man erzählt hatte, nicht begnügte. Währenddessen aber verschwindet er, verzehrt und verflüchtigt sich, sodass er ohne Gestalt, ohne Körper, ohne Namen und ohne Kennzeichen bleibt. Warum sollte er zu den Körpern zurückkehren? Er wurde zu einem, der zum Schauen gelangte, und kann die Botschaft entbehren, und wer zu dem, den er schaut, gelangt ist, kann selbst das Schauen entbehren.

Halladsch

Er hat alles an das Gewordensein gefesselt. Denn Anfanglosigkeit ist sein. Wer körperhaft erscheint, an dem haftet Drangehängtes. Wer durch Mittel beieinander gehalten wird, den halten deren Kräfte fest. Wen ein Nu zusammenfügt, den zerlegt ein Nu. Wer durch anderes besteht, wird der Bedürftigkeit ausgeliefert. Wen Vorstellungskraft erfassen kann, der taucht in bildhaftem Denken auf. Wer an einem Ort landet, den bekommt das Wo an den Wickel. Wem ein Geschlecht zugehört, den nimmt ein Wie in Anspruch. Allah aber, kein Oben überschattet Ihn, kein Unten trägt Ihn, keine Grenze stößt mit Ihm zusammen, kein Zusatz bedrängt Ihn, kein Hinten bekommt Ihn zu fassen, kein Vorn engt Ihn ein, kein Vorher bedingt Ihn, kein Hinterher lässt Ihn dahinschwinden, keine Größe vereint Ihn in Sich, kein »Er ist« kann sein wudschud (Dasein), kein »Er ist nicht« sein Nichtsein beeinflussen. Für Seine Beschreibung gibt es keine Mittel, für Sein Handeln keine Ursache, für Sein wudschud kein Ende. Er ist erhaben über die Zustände Seiner Geschöpfe. Wenn du fragst »Wann?«, so ist der Zeit Sein wudschud vorausgegangen. Wenn du sagst »huwa (Er)«, so sind das »h« und das »w« Seine Geschöpfe. Wie immer du dir Allah vorstellst: Allah unterscheidet sich davon. Sein Sicherheben geschieht ohne Emporsteigen, Sein Kommen ohne Fortbewegung.

Halladsch

O tiefster Seelenkern! Wer macht dich so fein, dass du der Einbildung jedes Geschöpfs entschlüpfst, du, der du – zugleich sichtbar und verborgen – dich in jedem Ding aus dessen Hintergrund offenbarst.

Halladsch

Wer zum nazar (Schauen) gelangt ist, braucht keine Kunde mehr; wer zum manzur (Geschauten) gelangt ist, braucht kein Schauen mehr.

Halladsch

Wenn der Mensch den Standplatz der Erkenntnis erreicht, wird sein Inneres von Allah davor bewahrt, dass ein anderer Gedankeneinfall reinkommt als der von Allah.

Halladsch

Wer über den tauhid (Eingottglaube) Klartext redet, ist ein mulhid (Gottesverächter). Wer darüber schweigt, ist ein Ignorant. Wer meint, er sei angekommen, hat nichts erreicht. Wer darauf deutet, ist ein but-parast (Götzendiener). Wer darüber spricht, ist leichtfertig. Wer denkt, er sei nah, kommt nie an. Wer tut, als habe er gefunden, hat verloren.

Schibli

Der tauhid ist nur für den echt, dessen Behauptung zugleich seine Verneinung darstellt.

Schibli

Jeder Tag, der vorübergeht, nimmt etwas von mir weg, erzeugt im Herzen ein Bedauern und geht danach dahin.

Anonymer Sufi-Ausspruch

In der Auslegung der Aussprüche Abu Yazids sagte Dschunaid über dessen Wort ›Nichts in Nichts‹: »Es ist die dahab (Entrückung) all dieser Dinge von ihm und seine Entrückung von ihrer Entrückung. Das ist gemeint mit seinem Wort: Nichts in Nichts, nämlich: Die Anwesenheiten sind abwesend und die Dinge sind zunichte. Man empfindet nichts und nimmt nichts wahr.« Manche bezeichnen dies als das Entwerden im Entwerden und als fakd (Verlust), als Verlust im Verlust. Entrücke der Entrückung.

Sarradsch

Wer nicht anfangs dschihad betreibt, verspürt vom Sufi-Pfad keinen Hauch.

Quscharyi

Wer einen Tag zu Ende bringt, ohne einen Gläubigen zu verletzen, hat diesen Tag in der Gesellschaft des Propheten verbracht. Verletzt man einen Gläubigen, so nimmt Allah an diesem Tag seinen Gehorsam nicht an.

Kharaqani

Gnade schenkt Allah nur seinen Freunden; seinen Feinden gewährt er Barmherzigkeit.

Kharaqani

Das Hindernis zwischen Mensch und Allah sind nicht Himmel und Erde, nicht Thron noch Schemel, sondern dein pindascht (Selbstbewusstsein) und dein mani (Ichbewusstsein). Beseitige diese, und du hast Allah erreicht.

Abu Sa’id

Der 29. Standplatz ist die wadsch (Verzückung). Man findet solchermaßen verzückte Menschen nicht im Diesseits, nicht im Grab, nicht am Ort der Auferstehung, nicht auf der Paradiesesbrücke.

Abu Sa’id

Man macht die Farben erst im Diesseits, aber die Herzen hat Allah bereits in der Vorewigkeit gefärbt.

Abu Sa’id

Der Mensch ist für den Tod da. Jeder Augenblick kann ein Duft der Freude sein, oder ein Gestank der Überheblichkeit. Mensch zu sein und trotzdem in Spelunken zu gehen, Gläubiger zu sein und Unsinn zu reden, dem Islam zu frönen und zugleich zu wuchern, Glauben mit Augendienerei zu verbinden – der Mensch hat es nicht leicht, Mensch zu sein.

Belehrungen eines namenlosen Qalandars gegenüber Abdullah Ansari

Es gibt kein fana (entwerden), es sei denn als Wegwärtsbewegung von dem und dem fort; gleichwie es kein Bestehen gibt, es sei denn durch das und das und mit dem und dem. Das Von-weg gehört also notwendig zu fana.

Ibn Arabi

Wegen der gewaltigen Sichtbarkeit des Tages, gekoppelt mit ihrem schwachen Auge, kann die Fledermaus ihn nicht sehen. Sie sieht nur dann etwas, wenn sich der Helle Finsternis beimischt, sie also ihre Sichtbarkeit abschwächt. So ist auch unser Verstand zu schwach, die Schönheit göttlicher Majestät aber derart leuchtend, dass sie alles in ihrer umfassenden Weite versinken lässt und kein irdisches oder himmlisches Atom sich dieser Sichtbarkeit entziehen kann. Ihre ungeheure Sichtbarkeit ist der Grund für ihre scheinbare Verborgenheit.

Ghazzali

Der Mensch war seinem Wesen nach nichts, und was ist erbärmlicher als nichts, und welche Geringheit ist geringer als das reine Nichtsein. Dann wurde er etwas durch Allah. Das absolute qatt (Nichtseiende) – seine Rückkehr ins wudschud (Dasein) ist nicht denkbar. Wenn etwas ins Dasein zurückkehren sollte, so kann dies nur ein Seiendes sein. Sonst ließe sich seine Identität nicht nachweisen.

Ghazzali

Seele und Leib verhalten sich zueinander wie Vorderseite und Rückseite eines Spiegels. Wird die Rückseite ausgelöscht, so wird das ganze Glas licht, und beide Seiten werden gleich.

Fariduddin ’Attar

Eine hayula (Urmaterie), aus der alles entstand, gibt es nicht, denn wenn sie feucht gewesen wäre, wie hätte sie die trockene Erde erschaffen können? Wenn sie kalt gewesen wäre, wie hätte sie Sonne und Feuer erschaffen? Die Welt hat sich auch nicht selbst gemacht, denn wenn sie schon in ihrem Nichtsein das Vermögen des Seiendmachens gehabt hätte, hätte sie zur Zeit ihres Seins ihre Vollkommenheit bewahrt und es nicht zu Seuchen und Erdbeben kommen lassen. Hätte die Welt sich selbst gemacht, hätte sie sich dann mit gegensätzlichen Eigenschaften oder mit nur einer Eigenschaft erschaffen? Gegensätze wären unmöglich gewesen, da Tag und Nacht, Wärme und Kälte nicht an einem Ort zugleich sein können. Mit nur einer Eigenschaft hätte sie diese dann aber sicher nicht fahren und deren Gegenteil aufkommen lassen. Die Welt ist auch nicht az guzafa (aufs Geratewohl) so geworden, wie sie ist, denn dann hätte sie keine Ordnung, die Nächte würden nicht den Tagen folgen, die Nacht wäre einmal sehr lang, der Tag einmal so lang wie ein Jahr.

Baha’uddin Walad

Ich machte mir dann Gedanken über Allah. Ich fand Ihn ohne Wie und ohne Wieso und fand auf keine Weise einen Weg zu Ihm, sondern nur zu dem Gott mit den bekannten Namen, den 99 Namen sowie dem Subhan Allah (Unbefleckten) und dergleichen.

Baha’uddin Walad

Durch Wissen erlangen die toten Krümchen Kräfte.

Baha’uddin Walad

Ich bin an Allah angeklebt. Immer wenn Allah kommt, bringt Er mich mit. Immer wenn Allah geht, nimmt Er mich mit. Beim Tod geht Allah ganz von mir fort. Beim Schlafen geht Er teilweise fort. Bei hiragi (Wirrheit) und gafla (religiöser Gleichgültigkeit) geht Er ein klein wenig von mir fort.

Baha’uddin Walad

Die Propheten sind gleichsam ein einziges Wesen. Lehnst du einen von ihnen ab, lehnst du alle ab. Wenn du einen deiner Körperteile nicht wäschst, so nützt es dir nichts, alle übrigen zu waschen.

Rumi: »Mektuplari« bzw. »Makateb« (Briefe)

Hier ist ein Ozean im Stroh versteckt. Gib acht, tritt nicht mit Unbedacht auf Stroh!

Rumi: »Mathnawi«, Buch 1, Vers 2503

Wenn einer seine Kiste wechselt, sitzt er nicht im Himmel, sondern in der Kiste. Und berauscht er sich auch noch so oft am Kistenwechsel, merkt er nie, dass er die Kiste nie verlässt.

Rumi: »Mathnawi«, Buch 6, Vers 4515 + 4516

Hör immer gut zu, wenn weise und gelehrte Männer sprechen. Und wenn du selbst sprichst, dann lass dir ebenfalls nicht entgegen, was du sprichst.

Hodscha Nasruddin

Wenn der Hinangezogene auch seinen Teppich aus den Wogen der Gefahr herausbringt, so kann er doch die, die im Meer der Unwissenheit ertrinken, nicht retten, und wenn das Gesetz des Vorwärtsschreitens, das sich aus den Standplätzen der Prophetie ergibt, aufgehoben wird, dann ist der Pfad, auf dem das Hohe über das Niedere hinströmt und das Niedrige sich vom Höheren überströmen lässt, unterbrochen, denn ankommender Strom ist von vorhandener Grenzzone abhängig, die zweiseitig zwischen beiden Welten vermittelt, und das sind der hinangezogen Vorwärtsschreitende und der vorwärtsschreitend Hinangezogene. Daher muss der mystische Wanderer vom reinen Hinangezogenwerden zum Vorwärtsschreiten zurückkehren, und das, was dem Ingwerwein des Hinangezogenwerdens seine Note verleiht, mit den Eigenschaften des Kampferweins des Vorwärtsschreitens mischen.

Nuralisah-i Isfahani

Sufismus ist Sanftmut

Definitionen von Sufis

Der Fromme ist derjenige, der bei seiner Triebseele wohnt; ein Mystiker ist der, der bei seinem Gott wohnt.

Imam Dschaffar Sadek

Das Lachen des Gläubigen ist eine Vergesslichkeit seines Herzens.

Hasan von Basra

Armut ist ein Schatz, den Allah nur Seinen Geliebten gibt.

Ibrahim ibn Adham

Treue ist die Wahrhaftigkeit gegenüber Allah.

Ibrahim ibn Adham

Gottvertrauen heißt, dass dir gleichviel gilt, ob du einen Löwen zwischen die Schenkel nimmst oder dich auf ein Polster stützt.

Ibrahim ibn Adham

Buße mit der bloßen Zunge ist wahre Lüge. Wenn wir mit der Zunge büßen, belasten wir uns mit einer neuen Sünde.

Rabi’a

Geduld in Armut ist die höchste Tugend.

Bischr al-Hafi

Reue ohne Ablassen von Sünde ist die Buße der Lügner.

Du n-Nun al-Misri

Geduld ist die Frucht der Überzeugung.

Du n-Nun al-Misri

Der wahre Sufi ist der, dessen Rede die Wirklichkeit seines (mystischen) Zustandes darstellt, und wenn er schweigt, seine Handlung auf seinen Zustand hinweist.

Du n-Nun al-Misri

Der wahre Mystiker ist der, der zu den Menschen gehört und dennoch von ihnen im Denken und Tun getrennt ist.

Du n-Nun al-Misri

Das Schamgefühl ist ein Schauer, den du in deinem Herzen beim Denken an deine Missetaten empfindest.

Du n-Nun al-Misri

Wahrhaftigkeit ist eine scharfe Zunge, aber ihre Worte sind voller Melodie.

Du n-Nun al-Misri

Die Verzichter sind die Könige des Jenseits; die Mystiker sind die Könige der Verzichter!

Du n-Nun al-Misri

Das Diesseits ist für den Gläubigen ein Gefängnis, für den Ungläubigen ein Paradies.

Du n-Nun al-Misri

Furcht und Hoffnung sind die beiden Beine des Glaubens.

Yahya ibn Mu’ad al-Razi

Die Welt ist Allahs tödliches Gift für seine Knechte; nehmt von ihr nicht mehr, als man von den Quacksalbern Gift zu sich nimmt – vielleicht kommt ihr heil davon!

Yahya ibn Mu’ad al-Razi

Der Hunger ist eine Wolke. Wenn der Gottesknecht hungert, wird sein Herz mit Weisheit beregnet.

Bayezid

Sufis sind Kinder im Schoß Gottes.

Sowohl Bayezid – in Al-Kalabadhis »Kitab al-Ta’arruf li-Madhab Ahl al-Tasawwuf«, 63, 6 f. – zugeschrieben wie Schibli

Der Sufi ist ein Sohn des Nu. Der Sufi sorgt sich nur um jenen Nu, worin er gerade steckt. Die Sorge um das Entschwundensein eines vergangenen Nu ist die Vergeudung eines zweiten Nu.

Anonymer Sufi-Ausspruch

Der Sufismus ist ganz Antlitz – ohne Hinterkopf.

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Arzneien sind eine Barmherzigkeit Allahs gegen die, welche schwach im Glauben sind.

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Die Furcht ist männlich, die Hoffnung ist weiblich.

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Die Welt ist ein Baum. Ihre Genüsse sind seine Zweige; ihre Sünden seine Früchte, ihre Unwissenheit seine Wurzel.

Sahl ibn Abdullah al-Tustari

Der Nu ist kürzer als eine Stunde. Glück und Unbill, die dich vor diesem Nu getroffen haben, lassen dich los. Dich erreicht nur noch, was in diesem Nu steckt. Was danach kommt, davon weißt du nicht, ob es dich erreicht oder nicht.

Wasiti

Der Sufismus ist weder Vorschrift noch Lehre, sondern etwas Angeborenes. Wär’ er Vorschrift, könnte er durch Anstrengung befolgt werden; wär’ er Lehre, so könnte er erlernt werden.

Abu l Husain al-Nuri

Sufismus ist Beeigenschaftung mit Allahs Eigenschaften.

Abu l Husain al-Nuri

Die Welt ist ein Asyl, und die Leute darin sind wie Irre. Die Irren aber legt man im Asyl in Ketten und Fesseln.

Fuzeil ibn Ayaz

Dunya (Welt) ist, was dem Herzen nahe steht und von Allah ablenkt.

Dschunaid

Sufismus ist huluq (Sanftmut). Wer dich an huluq übertrifft, übertrifft dich als Sufi.

Dschunaid

Liebe ist übergroßes Verlangen ohne Erfüllung.

Dschunaid

Jede Liebe, die es auf Gegenleistung abgesehen hat, ist dahin, wenn die Gegenleistung dahin ist.

Dschunaid

Der Eingottglaube ist die Abscheidung der Anfangslosigkeit von der Zeitlosigkeit.

Dschunaid

Ein (mystischer) Zustand ist eine Anwandlung, die auf das Herz herniederkommt, ohne zu dauern.

Dschunaid

Gafla (religiöse Gleichgültigkeit) ist schlimmer als Höllenfeuer.

Dschunaid

Herr ist, wer Diesseits wie Jenseits fortgibt, für seinen Herrn.

Dschunaid

Der äußerste Grad des Eingottglaubens ist die Leugnung des Eingottglaubens.

Dschunaid

Die Erkenntnis ist Allahs Arglist.

Dschunaid

Der letzte Standplatz des Erkennens ist die Freiheit.

Dschunaid

Die Aufrichtigkeit ist ein Geheimnis zwischen Allah und Mensch, das kein Engel aufschreiben, kein Teufel verderben und keine Lust beugen könnte.

Dschunaid

Der ruh (Geist) ist etwas, dessen Kenntnis Allah für sich behält, ohne einen Menschen davon wissen zu lassen, und man kann davon nicht mehr sagen, als dass er existiert.

Dschunaid

Die Himmelfahrt der Mystiker ist die Spitze des Galgens.

Halladsch

Erkenntnis heißt alle Dinge sehn, aber auch alle Dinge untergehen sehen im Unbedingten.

Halladsch

Das Äußere des Gesetzes ist verkleidete Gottlosigkeit, und das Wirkliche an der Gottlosigkeit ist göttliche Weisheit.

Halladsch

Vertraulichkeit mit Allah ist die Aufhebung der Schüchternheit unter Beibehaltung der Ehrfurcht.

Halladsch

Das ist tawakkul, wenn einer nicht isst, weil er jemanden in der Stadt weiß, der das Essen nötiger hat.

Halladsch

Die Zunge ist das Unheil stiller Herzen; das Geschwätz ist mit Ursachen verbunden, und Handlungen mit Unglauben; das Wahre aber ist ein Leben, das von all dem frei wäre.

Halladsch

Das Glück des Liebesverzückten ist das Alleinsein des Ur-Einen.

Halladschs letztes Wort

Das Sufitum ist das ifna (Verschwinden) der nasutiya (Menschheit) und das Erscheinen der lahutiya (Göttlichkeit).

Ruwaym

Das Einheitsbekenntnis ist die Tilgung der Spuren der Menschhaftigkeit und die Reinheit der Göttlichkeit.

Ruwaym

Sufitum besteht darin, dass man von zwei Dingen keines für besser hält.

Ruwaym

Sufismus heißt, seine Triebseele hinzugeben – und sich nicht mit dem Geschwätz der Sufis abzugeben.

Ruwaym

Die Welt ist ein Meer, das Jenseits ein Ufer, das Schiff die Frömmigkeit, und die Menschen sind eine Reisegesellschaft.

Abu Ya’qub an-Nahradschuri

Sufitum bewahrt davor, Geschaffenes zu sehen.

Schibli

Sufitum ist bei Allah sitzen ohne Sorge.

Schibli

Sufitum ist abtropfendes Menschentum und aufgehende Gottheit.

Schibli

Sufitum ist Vielgötterei, denn es bewahrt das Herz, Nichtgöttliches zu sehen. Nichtgöttliches aber gibt es nicht.

Schibli; auch Abu Sa’id zugeschrieben

Ein Schläfchen in tausend Jahren ist eine schändliche Sache.

Schibli

Allah ist sowohl meine Heilung wie meine Krankheit.

Schibli

Das Diesseits ist ein madaratun (Erdbrocken), und du hast davon ein dschabaratun (Stäubchen). Wer das dschabaratun will, ist noch geringer als das madaratun.

Schibli

Das Hinschauen ist Unglaube; der Gedanke ist Vielgötterei; das Hinweisen ist Arglist; das Hinschauen ist Beraubung; der Gedanke ist Gottverlassenheit; das Hinweisen ist Lossagung.

Schibli

Ein Mystiker ist, wer das Diesseits als Schurz hat und das Jenseits als Mantel und beides auszieht. Wer sich der geschaffenen Welten entledigt, ist allein mit Allah.

Schibli

Sufi sein, heißt so zu sein wie damals, als du nicht warst.

Schibli

Verzückung ist in meinen Augen Glaubensleugnung, wenn sie nicht auf Gottesschau beruht. Doch der geschaute Allah, meine ich, macht meine Verzückung zunichte.

Schibli

Verzicht ist Gleichgültigkeit; denn die Welt ist nichts und der Verzicht auf nichts ist Gleichgültigkeit.

Schibli

Das Gedenken ist das Gewerbe der Gleichgültigen, der Verzicht das Gewerbe der Nichtsnutze, die Selbstüberwachung das Gewerbe der Selbstbewunderer, die Schau das Gewerbe der Mystiker.

Schibli

Tausend vergangene Jahre in tausend kommenden Jahren, das ist der Nu. Dass die aschbah (Phantome) dich ja nicht täuschen!

Schibli

Der Nu ist ein Atemzug zwischen zwei Atemzügen und ein Einfall zwischen zwei Einfällen, sofern er durch Allah ist und für Allah.

Sarradsch

Die Welt ist ein Sammelplatz für Hunde, nur dass eben die Hunde weggehen, sobald sie genug haben, während die Liebhaber der Welt sich nie von ihr trennen.

Ahmad ibn Abi l-Hawari, überliefert von Sulami: »Tabaqat«

Der Nu ist ein scharfes Schwert.

Galt bereits im 10. Jhrdt. als alter Spruch, zitiert von z. B. Abu Sa’id

Die Welt ist eine umm dafr (Gestankmutter).

Abu l-Ala ul-Ma’arri

Der Sufi ist einer, der im Tageslicht keine Sonne braucht und bei Nacht weder Mond noch Sterne. Der Sufi ist ein Nichtsein, das kein Sein braucht.

Kharaqani

Das Ich ist ein tagut (Widergott).

Abu Sa’id

Tasawwuf (Sufismus) heißt das takalluf (Getue) aufgeben. Kein Getue aber ist größer als dein Dusein. Solange du dich mit dir abgibst, kommst du nicht zu Ihm.

Abu Sa’id

Sufismus durch Vorsagen ist ein Bau auf Dung.

Abu Sa’id