Vampire schlachten!

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2018.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Vampire schlachten!

Copyright

Alfred Bekker | KEIN SPIEGELBILD

Alfred Bekker | WEGZEHRUNG

Alfred Bekker | DER ZEILEN-VAMPIR

Alfred Bekker | EINE KOMPLIZIERTE BEZIEHUNG

Alfred Bekker | EIN VAMPIR BEIM ZAHNARZT

Blood Empire - Wiedergänger

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Palast der Nachtgeschöpfe

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Further Reading: Jagt die Dämonen!

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Vampire schlachten!

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Alfred Bekker

Grusel Krimi Sammlung

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ALLES, WAS DU ÜBER Vampire nie wissen wolltest... Blutsauger sind das Thema der Geschichten dieses Buches, egal ob humorvoll oder brutal romantisch.

Dieses Buch enthält folgende Grusel-Krimis:

Alfred Bekker: Kein Spiegelbild

Alfred Bekker: Wegzehrung

Alfred Bekker: Der Zeilen-Vampir

Alfred Bekker: Eine komplizierte Beziehung

Alfred Bekker: Ein Vampir beim Zahnarzt

Alfred Bekker: Wiedergänger

Alfred Bekker: Palast der Nachtgeschöpfe

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ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet  Farell.

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Copyright

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author / COVER TONY MASERO

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alfred Bekker

KEIN SPIEGELBILD

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»Die Lichtverhältnisse müssen Sie schon entschuldigen«, sagte der Institutsleiter und hob dabei bedauernd die Schultern.

»Eine der Lampen ist defekt. Der Hausmeister hätte eigentlich längst hier sein müssen, aber Sie wissen ja, wie so etwas geht...

Und leider hat mein Büro keinen Zugang zum Tageslicht.«

»Das macht nichts«, sagte der junge Mann, der eingetreten war und dabei seine Sonnenbrille trotz des wenigen Lichts aufbehalten hatte. »Grelles Licht vertrage ich ohnehin schlecht.

Eine Augenkrankheit...«

Der Institutsleiter musterte den jungen Mann einen Moment lang nachdenklich, dann reichte er ihm die Hand. »Nehmen Sie bitte Platz. Ich bin Dr. Lutz. Und Sie müssen Peter Radvanyi sein.«

»Der bin ich«, nickte der junge Mann. »Ich hoffe, dass meine Bewerbungsunterlagen in Ordnung waren«, setzte er dann noch hinzu, aber Dr. Lutz ging darauf nicht ein.

»Ein seltener Name - Radvanyi«, murmelte der Institutsleiter nachdenklich und rieb sich an der Nasenwurzel.

»Ungarisch - glaube ich«, sagte der junge Mann.

»Ah, ja«, machte Dr. Lutz. »Dieser Name kommt mir bekannt vor. Da war doch vor ein paar Jahren so eine Geschichte in der Zeitung...«

Radvanyi seufzte. »Ja, ja, ich weiß. VAMPIR TRANK

MÄDCHENBLUT - so hieß die Schlagzeile. Das hängt mir bis heute an. Wenn ich Meyer heißen würde, wär's was anderes. Dann hätten die Leute das längst vergessen. Aber Radvanyi - das klingt nach Balkan, Fledermäusen und düsteren Schlössern. So etwas behält man! Zumindest im Zusammenhang mit einer solchen Überschrift! Und da nützt es auch nichts, wenn man auf einer der hinteren Seiten dann irgendwann eine Gegendarstellung bekommt!« Radvanyi beugte sich etwas vor. Seine bleichen Lippen waren aufgesprungen und formten einen gequälten Gesichtsausdruck. »Wissen Sie, was der reale Hintergrund dieser Schlagzeile war?«

Dr. Lutz hob die Augenbrauen. »Nein, aber ich bin gespannt!«, sagte er ein wenig gelangweilt.

Radvanyi atmete tief durch, bevor er dann hervorpresste: »Es war während meines Studiums. Um Plasma unter dem Mikroskop untersuchen zu können, habe ich einer Studienkollegin etwas Blut abgenommen. Das war alles!« Und dann versuchte Radvanyi plötzlich heiter zu wirken und fuhr mit aufgesetzter Leichtigkeit fort: »Wenn Sie hier in Ihrem Büro einen Spiegel hätten, dann könnte ich Ihnen sofort beweisen, dass ich kein Vampir bin, denn die haben ja bekanntlich kein Spiegelbild.«

Dr. Lutz mochte diese Art des Humors offensichtlich nicht besonders. Er tickte mit den Fingern auf der Schreibtischunterlage herum und vermied es dabei, den blassen jungen Mann direkt anzusehen.

»Dennoch, Herr Radvanyi«, brachte der Institutsleiter dann schließlich hervor, »für unser Institut kommt jemand mit einer solchen - wie soll ich sagen? - unseriösen Vergangenheit kaum in Frage. Sie kennen die Aufgabe, die sich unsere Organisation gestellt hat. Wir nehmen Blutspenden an und sorgen für sachgerechte Konservierung, Lagerung und Verteilung. Bei unserer täglichen Arbeit sind wir maßgeblich von dem Vertrauen abhängig, das man uns entgegenbringt. Und wenn nun bekannt würde, dass einer unserer leitenden Mitarbeiter in seiner Vergangenheit einen Punkt aufweist, der nicht ganz astrein zu sein scheint...«

Radvanyi war empört. »Das ist doch nicht Ihr Ernst!«, rief er.

»Sie nehmen diesen zwei Jahre alten Schmutzartikel zum Anlass, um...?« Er schüttelte nur den Kopf.

»Es tut mir leid«, erklärte Dr. Lutz fest entschlossen. »Ganz gleich, ob damals etwas an der Sache dran war oder nicht, es kann nicht mein Interesse sein, dass dieses Institut durch Sie in die Schlagzeilen gerät. Ich sehe vor meinem geistigen Auge schon die Überschrift: VAMPIR IN DER BLUTBANK! Für die Presse wäre das doch ein gefundenes Fressen. Um ehrlich zu sein: Ich hätte Sie gerne genommen. Ihre Zeugnisse sind hervorragend. Aber als Sie mir eben bestätigten, dass Sie der Radvanyi sind, da stand mein Urteil fest.«

»Schade«, sagte Radvanyi schließlich resignierend. »Ich hätte mir gut vorstellen können, hier zu arbeiten.«

»Wie gesagt...«

»Ich verstehe schon!« Radvanyi erhob sich und verabschiedete sich knapp. Die Enttäuschung war ihm anzumerken, als er schnellen Schrittes hinausging.

Etwas eigenartig wirkt er ja doch!, ging es dem Institutsleiter durch den Kopf. Dieses bleiche Gesicht mit dem gequält wirkenden Ausdruck...

Dr. Lutz blickte auf die Uhr. Feierabend. Er stand auf, nahm seine Tasche und ging zur Garderobe, um seinen Mantel zu holen.

An dem großen Wandspiegel, der dort unglücklicherweise angebracht war, lief er immer besonders schnell vorbei. Es würde nur eine Menge dummer Fragen geben, wenn jemand mitbekam, dass Dr. Lutz kein Spiegelbild hatte.

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Alfred Bekker

WEGZEHRUNG

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»Entdecken Sie die Costa Brava! - Noch Platz für zwei Teilnehmer. Keine Verkaufsveranstaltung!«

Es war eine kleine, unscheinbare Anzeige, die uns auf die Idee gebracht hatte, an einer dieser Billig-Busfahrten an die Costa Brava teilzunehmen. Von Deutschland aus mehr oder minder Nonstop nach Lloret de Mar oder Blanes, am Steuer ein übernächtigter Busfahrer mit dunklen Ringen unter den Augen, der 22 Stunden auf dem Bock saß und sich dabei mit einem Gemisch aus Kaffee und Weinbrand wachzuhalten versuchte, eine Unterbringung in Hotels, die nicht gerade der Spitzenklasse angehörten, und ein Frühstück, das diesen Namen nicht verdiente -

das war die eine Seite der Medaille. Die andere war der unglaublich günstige Preis der Reise. Sie war praktisch geschenkt.

»Ich glaube, dass es ein Fehler war mitzufahren «, sagte meine Frau mir leise ins Ohr, aber da hatten wir bereits die kurze Toilettenpause bei Macon in Frankreich hinter uns.

»Das fällt dir ein bisschen spät ein!«, erwiderte ich.

»Ich weiß, dass wir jetzt nicht zurück können, aber ich habe einfach ein ungutes Gefühl. Hast du das rote Zeug gesehen, das der Fahrer trinkt? Auf der Flasche war kein Etikett, aber ich wette, dass es Rotwein war!«

»Naja...«

»Ich hoffe, wir landen nicht im Graben!«

»Der Mann fährt ja nicht zum ersten Mal, Schatz!«

»Und dann die Leute! Du musst schon zugeben, dass wir hier mit ziemlich merkwürdigen Leuten reisen«, flüsterte sie - und sie hatte recht. Gleich zu Anfang war mir aufgefallen, dass sich alle anderen Teilnehmer der Reise offenbar gut kannten, der Busfahrer eingeschlossen. Aus den Gesprächen erfuhr ich, dass sie offenbar nicht zum ersten Mal gemeinsam nach Spanien fuhren. Der Tatsache, dass alle Fahrgäste ziemlich bleich waren, maß ich zunächst keinerlei Bedeutung zu. Schließlich nahm ich an, dass sie gerade deswegen die Sonne Spaniens suchten, um dies zu ändern.

Andererseits vermieden sie augenscheinlich jeglichen Kontakt mit dem Sonnenlicht. Der Bus hatte bereits kleinere Fenster, als dies üblich ist - offenbar eine Sonderanfertigung - und diese Fenster waren dann auch noch den ganzen Tag über mit Rollos verdeckt, so dass im Inneren stets eine Art Halbdunkel herrschte.

Erst, als es draußen bereits ziemlich dämmrig war, wurde ein kurzer Stopp eingelegt. Meine Frau und ich hatten vor Jahren eine ähnliche Fahrt mitgemacht und erlebt, dass sich - je weiter es in die Nachtstunden hinein ging - eine lethargische Stimmung unter den Fahrgästen auszubreiten begann, bis die ersten in einen kurzen, leichten Schlaf fielen. Man konnte dabei immer nur beten, dass diese Schlafperioden beim Busfahrer nicht länger als eine oder anderthalb Sekunden dauerten... Jedenfalls war es auf dieser Reise anders. Je später es wurde, desto munterer wurden die Mitfahrer.

Und desto öfter gingen ihre Blicke in unsere Richtung. Seltsame Blicke waren es, die ich erst später zu deuten wusste...

Irgendwann nickten wir ein. Ich fiel in einen dumpfen, traumlosen Schlaf. Als ich erwachte, dämmerte der Morgen und wir hatten die spanische Grenze vor uns.

Meine Frau wurde auch langsam wach. »Meine Beine sind mir eingeschlafen!«, murmelte sie, und dann schrie sie plötzlich auf. »Irgend so ein Mückenvieh hat mich gestochen! Sogar zweimal!« Ich sah die beiden roten Stellen an ihrem Handgelenk, und sie fuhr fort: »Das werden sicher Riesendinger! Es ist jedes Mal dasselbe bei mir! Wenn mich eine Mücke sticht, gibt das immer eine Entzündung!« Dann fixierte sie mich mit großen Augen und stellte fest: »Du hast auch zwei Einstiche!«

Ich lächelte. »So?«

»Ja, am Hals!«

Das Hotel, in dem man uns und die anderen Teilnehmer der Reise einquartierte, war nicht so schlecht, wie ich befürchtet hatte.

Den ersten Tag verbrachten wir mehr oder weniger am Strand. Am Abend trafen wir einige unserer Mitreisenden in der Hotelbar, tranken mit ihnen zusammen ein Gläschen und gingen dann in unser Zimmer. Bleierne Müdigkeit überfiel uns, und wir legten uns schlafen. Ich hatte seltsame, wirre Träume. Ich träumte davon, dass die Tür zu unserem Zimmer geöffnet wurde. Ich träumte von Stimmen, konnte aber nicht verstehen, was gesagt wurde.

Als ich schweißgebadet erwachte, kam meine Frau aus dem Bad.

»Sieh mich an«, sagte sie verzweifelt. »Von oben bis unten zerstochen!«

Als ich aufstand und meine Arme und Beine sah, bemerkte ich, dass mich diese Blutsauger offenbar genauso sehr heimgesucht hatten. Fast zwei Dutzend Einstichstellen zählte ich.

»Merkwürdig...«, murmelte ich. »Die Stiche scheinen immer paarweise angeordnet zu sein. Und sie jucken auch nicht!«

Die Einstiche verheilten schnell. Noch im Verlauf des Tages.

Aber die folgende Nacht verlief ähnlich wie die vorangegangene -

mit wirren Träumen und einem Erwachen mit frischen Einstichstellen. Und das, obwohl wir die halbe Nacht wachgelegen hatten, um auf das Summen einer Mücke zu horchen. Aber es war nichts zu hören gewesen, und Türen und Fenster hatten wir geschlossen gehalten.

Die Tage gingen dahin. Wir hatten auf einmal kaum noch den Drang, an den Strand zu gehen und uns der Sonne auszusetzen.

Unser Schlaf/Wachrhythmus verschob sich. Wir verschliefen zunehmend den Großteil der Tage und lebten in den Nächten auf, in denen wir nur noch für einige Stunden einen immer leichter werdenden Schlaf schliefen. Die wirren Träume aber blieben, und sie kamen nur des Nachts.

Aus einem von ihnen schreckte ich hoch und sah, dass unser Zimmer voller Menschen war.

Unsere Mitreisenden standen um unser Bett herum.

»Sie gehören jetzt zu uns«, sagte der Busfahrer und lächelte breit. So breit, dass seine außergewöhnlich langen Eckzähne für einen kurzen Moment in ihrer vollen Größe sichtbar wurden...

Nachtrag: Wir fahren jetzt regelmäßig an die Costa Brava.

Nächste Woche ist es wieder soweit. Ich hoffe nur, dass sich auf die Anzeige, die wir aufgegeben haben, bis dahin noch jemand meldet. Proviant sollte schließlich stets frisch sein!

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Alfred Bekker

DER ZEILEN-VAMPIR

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Gisela war alles andere als begeistert, als ich ihr eröffnete, wo wir unseren Urlaub verbringen würden. Aber ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie erst toben und sich dann damit abfinden würde. »Es ist eine einmalige Gelegenheit«, sagte ich ihr.

»Peter von Varoschy hat uns in sein Haus in Österreich eingeladen.

Wir brauchen nicht einmal etwas zu bezahlen!«

Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und meinte: »Na, das wäre ja auch noch schöner! Meine Güte! Wie ich diesen Peter von Varoschy hasse, obwohl ich ihm nie begegnet bin! Aber seit du deine Doktorarbeit über ihn schreibst, bist du doch kein normaler Mensch mehr!«

Ganz Unrecht hatte sie da nicht. Peter von Varoschy -

eigentlich Peter Varoschy, das 'von' war nicht echt - war zweifellos ein ungewöhnlich begabter Schriftsteller, dem es meisterhaft gelang, sich in seine Personen hineinzuversetzen, so dass man fast den Eindruck gewinnen konnte, sie - und nicht Varoschy - hätten die Romane geschrieben. Ein lohnendes Thema für eine Promotionsarbeit, zumal sich noch niemand daran versucht hatte.

Auf einem Symposion ergab sich zufällig die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Varoschy und als er erfuhr, dass ich an einer Dissertationsschrift über sein Werk arbeitete, lud er mich kurzerhand zu sich auf sein Anwesen in der Nähe von Klagenfurt ein. »An Ihrem Ring sehe ich, dass Sie verheiratet sind«, ergänzte er dann. »Sie können Ihre Frau selbstverständlich mitbringen...«

»Macht das nicht zu viel Umstände?«

»Aber nein, mein Haus hat so viele leere Zimmer... Seien Sie meine Gäste. Ich würde mich freuen. Und Ihrer Arbeit würde es sicherlich gut tun!«

Daran bestand kein Zweifel. Wir plauderten noch über dies und jenes, bevor ich schließlich auf jenen Punkt kam, der mich am meisten interessierte. »Wie schaffen Sie es, sich derart in Ihre Personen hineinzuversetzen? Nehmen wir den Obdachlosen in Ihrem letzten Buch. Man könnte meinen, Sie selbst hätten jahrelang auf der Straße gelebt...«

Varoschys hageres, etwas bleich wirkendes Gesicht zeigte ein mattes Lächeln. »Wer sagt Ihnen, dass dem nicht so war?«, fragte er zurück.

Ich beugte mich zu ihm vor und hakte nach: »Nein, im Ernst!

Ich vermute schon seit langem, dass Ihre Hauptfiguren reale Vorbilder besitzen!«

Varoschy hob die Augenbrauen. »Sie haben recht«, gab er zu.

»Und - wie gehen Sie vor, bei Ihrer Recherche?«

Ein halb amüsiertes, halb diabolisches Lächeln umspielte seine blutleeren Lippen. »Die Lösung ist ganz einfach!«, behauptete er in einem Tonfall, von dem sich nicht sagen ließ, wie hoch der Anteil an Ernst darin war. »Ich besitze die Fähigkeit, die Seelen von Menschen, die mich interessieren, in mich aufzusaugen. All die Personen, von denen meine Bücher handeln, hat es wirklich gegeben, und sie haben in gewisser Weise mit mir am Schreibtisch gesessen.«

Ich lachte. »Sie sehen sich also als eine Art Vampir? Ein Zeilen-Vampir, sozusagen!« Ich fand dieses Bonmot damals ungeheuer gelungen, zumal Peter von Varoschy mich mit einem gütigen Lächeln bedachte.

»Vampirismus dieser Art gibt es zweifellos schon Jahrhunderte«, fuhr er fort und machte dabei den Anschein, als würde er jedes Wort tatsächlich ernst meinen. »Der Volksglaube hat allerhand dazu gedichtet, was mit dem eigentlichen Phänomen nichts zu tun hat, so das Trinken von Blut, die langen Eckzähne und so weiter.« Er lächelte. »Und nicht alle Vampire der Geschichte waren Schriftsteller!«

Varoschy hatte uns für den Sommer eingeladen. Bis dahin waren es noch ein paar Monate, die ich nicht ungenutzt verstreichen lassen wollte. Ich wollte so gut wie möglich vorbereitet sein. Denn was nützte es, mit Peter von Varoschy für einige Zeit unter einem Dach zu leben, wenn man ihm nicht die richtigen Fragen zu stellen wusste? Sein Gerede auf jenem Symposion, auf dem ich ihn persönlich kennen gelernt hatte, hielt ich für ein Beispiel seines hintergründigen Humors. Der Vampir als Bild für den Schriftsteller. So hatte das noch niemand gesagt.

Wie ein Besessener machte ich mich an die Arbeit und fand etwas heraus, das mich gleichermaßen beunruhigte wie faszinierte.

Dass seine Romanfiguren tatsächliche Vorbilder besaßen, hatte Varoschy zugegeben, und so versuchte ich, wenn möglich einige von ihnen kennen zu lernen. Sie zu identifizieren war nicht sehr schwer, denn Varoschy hatte sich oft nicht einmal die Mühe gemacht, Namen und Orte zu verändern - und wenn doch, dann war dies so nachlässig geschehen, dass die tatsächliche Identität leicht herauszufinden war, wenn man danach suchte.

Merkwürdigerweise schienen allerdings sämtliche Vorbilder Varoschys verstorben zu sein. Noch merkwürdiger war, dass bei einigen von ihnen die Leichen unter ungeklärten Umständen verschwunden waren, nachdem man sie zunächst in einem seltsamen, mumifizierten Zustand gefunden hatte.

Im Sommer fuhren Gisela und ich nach Klagenfurt.

Peter von Varoschy quartierte uns in seinem herrschaftlichen Landhaus ein. Varoschy behandelte uns mit ausgesuchter Höflichkeit, so wie es seiner Art entsprach. Den Tag über müsse er arbeiten, so sagte er, aber am Abend stände er zu unserer Verfügung.

Gleich am ersten Abend lud er uns zu einem opulenten Mal ein, das uns sein Butler zubereitet hatte, der außer Varoschy selbst der einzige Bewohner dieses Hauses zu sein schien. Er selbst saß am Tisch, ohne mitzuessen. Ein Magenleiden, wie er sagte.

Gisela hatte zunächst noch gemault, aber Varoschys vollendeter Charme nahm sie von der ersten Begegnung an sofort für ihn ein.

»Es freut mich außerordentlich, auch Sie kennen zu lernen«, sagte Varoschy. »Ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer einfach ist, einen Mann zu haben, der versucht, eine Doktorarbeit zu verfassen.«

»Das können Sie laut sagen! Ich sehe ihn kaum noch!«

»Seien Sie versichert: Das geht vorbei!«

»Ich will's hoffen!« Und dann fragte Gisela plötzlich: »Sie sind nicht verheiratet, Herr von Varoschy?«

»Sie starb sehr jung«, erwiderte Varoschy.

Gisela wurde rot. »Oh, entschuldigen Sie...«

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich schrieb mein erstes Buch über sie.«

An den nächsten Tagen ging es Gisela nicht gut. Sie blieb im Bett und fühlte sich sehr schwach. Ein Arzt, den wir aus Klagenfurt kommen ließen, konnte nichts feststellen, außer einer allgemeinen Erschöpfung.

So verbrachte ich die Tage damit, an meiner Arbeit zu schreiben, und die Abende mit langen Gesprächen, die ich mit Varoschy führte. Ich sprach ihn auf die seltsamen Schicksale an, die die Vorbilder seiner Romanfiguren erlitten hatten.

»Sie waren sehr fleißig«, sagte Varoschy ungerührt. »Aber sagte ich nicht, dass ich eine Art Vampir bin?« Sein Witz war an dieser Stelle deplatziert, so fand ich. Er hatte an diesem Abend stark einem dunklen Rotwein zugesprochen, der seine Zunge wohl ziemlich gelockert hatte, und so schwadronierte er weiter: »Ich sauge meinen Opfern die Seelen aus, bis nur noch eine mumienhafte, kraftlose Hülle von ihnen übrig bleibt. Zumeist werden die Leichen gefunden, doch ihr Tod bleibt nur von kurzer Dauer, dann erheben sie sich zu neuem, unheimlichem Leben...

Manche von ihnen gewinnen in ihrer neuen Existenz sogar Literaturpreise!

Die meisten allerdings fristen ein Dasein im Schatten.«

Varoschy hatte in diesen Momenten eine erstaunliche Suggestivkraft.

Mein Lachen klang etwas gequält. »Sie wollen mich veralbern, was?«

»Hunderttausende von Hobby-Literaten treibt ein furchtbarer Drang zum Schreiben, und es werden täglich mehr... Haben Sie sich noch nie gefragt, wo die Wurzel dieses Übels liegt?«

»Eine zweifellos unkonventionelle Sicht«, erwiderte ich ironisch.

Die Tage gingen dahin, und als ich eines Nachts Giselas Arm fühlte, glaubte ich einen Moment lang, sie wäre tot - so kalt war sie. Aber ihre geöffneten Augen straften mich Lügen.

In den nächsten Tagen besserte sich ihr Zustand jedoch zusehends. Einige Wochen später - wir waren längst wieder zu Hause und ich war mit meiner Arbeit dank der Zeit auf Varoschys Landsitz sehr gut weitergekommen - bemerkte ich die ersten Anzeichen innerer Leere und Erschöpfung. Bei dem Arbeitspensum, das ich in der letzten Zeit hinter mir hatte, war das eigentlich auch kein Wunder.

Dann fand ich eines Tages zufällig ein kleines, eng beschriebenes Heft unter Giselas Sachen. Mir war nie aufgefallen, dass sie literarisch interessiert war, geschweige denn, dass sie selbst schrieb. Ich begann zu lesen, und es war, als ob sich mir eine kalte Hand auf die Schulter legte. Giselas Aufzeichnungen handelten von mir...

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Alfred Bekker

EINE KOMPLIZIERTE BEZIEHUNG

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»Na, war's schlimm?«, fragte Dagmar, während sie das Sektglas hob, das man ihr gegeben hatte. Ihr Mann, Dr. Peter Horstmann, krempelte sich gerade den Hemdsärmel herunter und zog sich das Jackett seines Smokings wieder an. Er lächelte.

»Nein, Schatz. Aber ein bisschen merkwürdig ist es schon.«

Dagmar hob die Augenbrauen. »Was meinst du?«

»Na, das mit der Blutspende als Hochzeitsgeschenk!«

»Ich finde es in Ordnung«, meinte Dagmar. »Du weißt selbst, wie oft es in den Sommermonaten an Blutspenden fehlt! Wilfried hat oft davon gesprochen. Und du bist doch auch Arzt, Peter! An eurer Klinik ist es doch sicher dasselbe!«

»Ja, das schon. Ich sage auch gar nichts dagegen. Trotzdem ist es doch ein bisschen exzentrisch, alle Hochzeitsgäste erst einmal in ein Nebenzimmer zu führen, wo dann der Bräutigam persönlich ihnen Blut abnimmt...«

»Wilfried ist Arzt - und es ist für eine gute Sache!«, gab Dagmar zu bedenken. »Und die paar Tropfen schaden weder dir noch mir!«

Jemand reichte Peter Horstmann jetzt auch ein Sektglas.

Peter nippte kurz daran.

Dann blickten sie gemeinsam in jene Richtung, in der das Brautpaar auftauchte: Dr. Wilfried Gerber, ein Internist, er für seine 38 Jahre noch recht jugendlich aussah, und seine Angetraute Franziska, eine dunkelhaarige Schönheit mit blassem Teint und ausdrucksstarkem Augenaufschlag. Sie schüttelten Dutzende von Händen und ließen sich zu ihrem Entschluss, den Rest ihres Lebens gemeinsam zu verbringen, beglückwünschen.

»Ist dir eigentlich aufgefallen, dass wir über die Braut so gut wie nichts wissen?«, meinte Dagmar plötzlich.

Peter Horstmann zuckte die Achseln und trank sein Glas leer.

»Lässt sich ja nachholen«, erwiderte er dann lakonisch.

»Es muss ziemlich schnell zwischen den beiden gefunkt haben«, sagte Dagmar. »Du bist doch Wilfrieds Freund. Hat er dir mal gesagt, woher er sie kennt?«

»Nein.«

»Gar nichts?«

»Na ja, er erwähnte mal etwas von einer Beziehung, die recht... kompliziert, ja, so drückte er sich aus... sei. Und er fragte mich - ganz allgemein allerdings -, was ich von einer Beziehung zwischen zwei Menschen halte, die durch tiefe Gegensätze getrennt seien.«

»Und du meinst, er hat Franziska damit gemeint?«

»Wen sonst?« Peter zuckte die Achseln.

Dagmar sah ihn fragend an und wirkte sehr nachdenklich.

»Was hast du Wilfried geraten?«

»Ich habe ihm gesagt, dass alle Gegensätze zu überwinden seien, und versucht, ihm Mut zu machen.«

Dagmar atmete tief durch. »Scheint, als wäre es dir gelungen!«

Peter grinste, während er seinen Arm um Dagmars Taille legte. »Ein gewisses Maß an Gegensätzen ist doch auch ganz reizvoll, oder?«

»Kommt ganz drauf an.«

Nun wurden alle zu Tisch gebeten. Nach einer kurzen Ansprache begann das festliche Mal, woran sich Tanz und fröhliches Beisammensein anschlossen. Die Gäste hatten eine ziemlich große Ausdauer.

Um Mitternacht wurde noch ein kleiner Imbiss gereicht, und die letzten Teilnehmer dieser Feier verließen erst im Morgengrauen den Festsaal.

Dr. Wilfried Gerber war todmüde, während seiner Braut die vorgerückte Stunde weniger auszumachen schien.

»Es haben alle mitgemacht und ihre Spende abgeliefert«, sagte Wilfried zufrieden.

»Wie viel Blut kommt da zusammen?«, erkundigte sich Franziska plötzlich.

»In Litern? Nun, es wird auf jeden Fall eine Weile reichen, denke ich. Ob wir damit über den Sommer kommen, müssen wir allerdings erst mal abwarten.« Er sah Franziska voller Liebe an und setzte dann hinzu: »Ich hätte kaum zu hoffen gewagt, dass es trotz unserer Verschiedenheit noch zu dieser Hochzeit kommen würde.

Aber Gegensätze scheinen sich anzuziehen...«

»Ob es gut geht, wird erst die Zukunft zeigen«, sagte Franziska.

»Sicher.«

»Ich fürchte, aus einer komplizierten Beziehung, wird jetzt eine komplizierte Ehe, mein Schatz!«

»Vermutlich hast du recht. Aber wollen wir wirklich daran denken?«

Sie umarmten sich innig. Er presste sie an sich, und sie legte ihren Kopf an seine Schulter. Sein Hals befand sich direkt vor ihrem volllippigen Mund, und sie fühlte unwillkürlich einen ihr nur allzu wohlvertrauten Hunger in sich aufsteigen.

Ihre Lippen öffneten sich, so dass für den Bruchteil eines Augenblicks ihre unmenschlich langen Eckzähne sichtbar wurden...

Wilfried strich ihr über den Kopf und fragte: »Möchtest du jetzt eine der Blutkonserven, mein Schatz? Du hast ja schließlich lange genug drauf warten müssen!«

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Alfred Bekker

EIN VAMPIR BEIM ZAHNARZT

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Niemand geht gern zum Zahnarzt und für unsereins gilt das ganz besonders.

Dr. Weston war ein kleiner, etwas rundlicher Mann, auf dessen Kopf kaum noch ein Haar zu finden war. Sein Gesicht wirkte blass und blutleer - genau wie das meine. Er wirkte fast wie einer von uns...

Ich warf einen Blick auf seine Hände, die mir einen geschickten Eindruck machten. Das beruhigte mich etwas.

»Sie wissen, dass ich nur privat abrechne?«, fragte Dr.

Weston mich geradeheraus.

»Ja. Aber das ist kein Problem.«

Weston war der einzige Zahnarzt weit und breit, der seine Sprechstunde abends abhielt. Deswegen hatte ich ihn ausgewählt.

Ich setzte mich auf den Zahnarztstuhl, und einen Augenblick später hängte mir Dr. Westons blutjunge Arzthelferin eine Papierserviette um und machte ein grelles Licht an.

»Ah...«, hörte ich mich selbst aufstöhnen.

»Was ist?«, fragte die junge Frau.

»Ich bin sehr... lichtempfindlich.«

»Es muss aber sein«, mischte sich Dr. Weston in einem Tonfall ein, der keinerlei Widerspruch duldete. Er warf einen Blick in meinen Mund, und ich sah, wie sich auf seiner Stirn tiefe Furchen bildeten. »Mein Gott...«, flüsterte er. »Ihre Eckzähne....«

»Ja, ich weiß, dass ich früher hätte kommen sollen«, erwiderte ich, als ich den Mund wieder schließen durfte. »Aber tagsüber kann ich nicht. Und Sie sind der erste Zahnarzt, der um diese nachtschlafende Zeit seine Sprechstunde abhält...«

»Ich habe noch nie ein Gebiss mit derartig langen Eckzähnen gesehen!«, bekannte er freimütig. Er lächelte. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber wenn ich nicht wüsste, dass es so etwas nicht gibt, dann würde ich an einen Vampir denken...« Ehe ich etwas erwidern konnte, machte er eine beschwichtigende Geste.

»Ich hoffe, Sie verstehen mich nicht falsch!«

Ich war ziemlich ärgerlich.

»Sehen Sie zu, dass Sie meine Zähne wieder herstellen!«, fuhr ich Dr. Weston etwas zu barsch an.

»Ich bringe Ihre Zähne sogar umsonst wieder in Ordnung, falls ich die Arbeit an Ihrem Gebiss zu Forschungszwecken verwenden dürfte. Alles natürlich völlig anonym. Aber ein Gebiss wie das Ihre ist so einmalig, dass...«

Welche Wahl hatte ich? Und wie hoch war die Chance, jemals wieder auf einen Dentisten mit nächtlichen Öffnungszeiten zu treffen? Ich war auf Dr. Weston angewiesen, und so sagte ich ja.

Er war geradezu entzückt, faselte etwas von genetischer Disposition und dergleichen, während ich mich daran erinnerte, dass ich heute noch nichts gegessen hatte.

Bevor Dr. Weston also zur Tat schritt, ließ er mich noch einmal vom Stuhl aufstehen und wies seine Arzthelferin an, Röntgenaufnahmen von meinen Zähnen zu machen.

Die Arzthelferin war noch recht jung. Sie führte mich in einen Nebenraum hatte dann einige Schwierigkeiten mit dem Röntgenapparat.

»Lohnt sich eine Praxis mit solchen Öffnungszeiten denn überhaupt?«, fragte ich sie, nachdem die Prozedur vorbei war.

»Sicher«, nickte sie. »Es gibt genug Freiberufler, Selbständige und dergleichen, die tagsüber keine Gelegenheit hätten, zum Zahnarzt zu gehen.«

»Ah ja...?«

Ein paar Augenblicke später befand ich mich wieder auf Dr.

Westons Stuhl, der meine Eckzähne ansah, als wären sie bereits vergoldet.

»Es muss dieses Phänomen schon in früherer Zeit gegeben haben«, meinte Dr. Weston. »Und vielleicht ist so der Vampir-Mythos entstanden...?«

Ich widersprach ihm nicht. Wie hätte ich auch, war ich doch gehalten, meinen Mund so weit wie irgend möglich zu öffnen.

Und während Dr. Weston sich mit dem Bohrer in der Hand über mich beugte, sah ich aus den Augenwinkeln heraus die rosigen Wangen und den nackten Hals seiner jungen Gehilfin, die auf der anderen Seite des Zahnarztstuhles stand und ihrem Chef Handreichungen machte. Ein unstillbarer Hunger erfüllte mich.

Sie wirkte um so vieles lebendiger, jünger, blutvoller als Dr.

Weston, dessen aschfahles Gesicht dem meinen jetzt so nahe war...

Dann fühlte ich, wie der Bohrer sich in meine Zähne fraß, und für einige Augenblicke waren alle anderen Gedanken wie verflogen.

Als ich fertig war, ließ er mich noch eine kurze handschriftliche Erklärung unterschreiben, dass ich mit einer Veröffentlichung meiner Röntgenbilder einverstanden sei. Dann verabschiedete er sich sehr höflich von mir und ließ mich mit seiner Helferin allein.

»War doch gar nicht so schlimm, was?«, lächelte sie.

»Nein.«

»Wir müssen noch einen Termin wegen des Zahnsteins machen.«

»Ach, das eilt nicht.«

Ich fragte mich, weshalb sich jemand wie Sie einen Nacht-Job suchte. Andere junge Leute gingen um diese Zeit aus - sie musste Spucknäpfe anreichen...

Ich erhob mich und trat neben sie, während sie in ihrem Terminkalender nachschlug. Wie gesagt, ich hatte an diesem Tag noch keine Mahlzeit gehabt. Ihr Hals schimmerte rosig und einladend.

Ich öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder.

Jegliches Verlangen war von einem Moment zum anderen wie weggeblasen. Sie hatte auf ihrem Bleistift herumgekaut und dabei für einen kurzen Moment den Blick auf einen ihrer sehr, sehr langen Eckzähne freigelegt.

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© by Alfred Bekker

www.AlfredBekker.de

www.Postmaster@AlfredBekker.de

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Blood Empire - Wiedergänger

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von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 108 Taschenbuchseiten.

Ein Vampir-Schocker.

Rabenschwarz, blutig, grausam, zynisch – und so kalt wie eine Totengruft!

Die Welt wird von Vampiren aus dem Verborgenen beherrscht. Sie sind organisiert wie die Mafia und haben die Erde unter sich aufgeteilt

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

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Der Mann in diesem Sarg ist ein Verdammter!", dröhnte die sonore Stimme des groß gewachsenen, korpulenten Mannes. Mit dem langen grauen Bart und den etwas wirr herumstehenden Haaren wirkte er wie ein biblischer Patriarch. Seine Kleidung glich der eines Reverends. Mit der Faust tickte er gegen den dunklen Eichensarg, der in der Mitte der Bühne aufgebahrt war. Es herrschte absolute Stille in der Halle. Die Blicke der Zuschauer waren wie gebannt auf Moses Jordan gerichtet, einem der charismatischsten Prediger, die Amerika je gesehen hatte.

Moses Jordan ließ den Blick über die Reihen der Zuschauer schweifen. "Norman Guthridge, der Mann in diesem Sarg, ist körperlich tot. Aber seine Seele leidet noch immer. Sie leidet unter der Schuld, die unser Bruder Norman, dieses verirrte Schaf vor dem Herrn, auf sich geladen hat..."

Orgelmusik setzte ein.

Moses Jordan öffnete den Eichensarg. Ein knarrender Laut entstand dabei, als er den Deckel zur Seite schob. Der bärtige Prediger blickte auf den bleichen, wächsern aussehenden Leichnam im Inneren des Sargs.

"Ich werde dich jetzt ins Leben zurückholen, Norman!", kündigte Moses Jordan an. "So kannst du deine Sünden öffentlich vor all diesen Menschen hier bereuen und auf Vergebung hoffen..."

Die Orgelmusik schwoll zu einem dramatischen Crescendo an.

Das Licht veränderte sich. Es wurde stockdunkel in der Halle. Nur Moses Jordan wurde von Scheinwerfern grell angeleuchtet. Sein Gesicht wirkte jetzt geradezu gespenstisch.

Jordan schloss die Augen.

Seine Züge verzogen sich, wie unter einer nicht näher definierbaren Qual. Es wirkte, als ob der Prediger eine unglaubliche Kraftanstrengung zu verrichten hätte. Er beugte sich über den Toten, ohne dabei die Augen zu öffnen. Dann legte er der Leiche die Hand auf die Stirn.

"Die Kraft des Herrn fahre in dich, Norman! Sie ist hier anwesend, jetzt, in diesem Augenblick! Die Kraft möge durch meinen Körper hindurch in dich fahren und dir die Augen ein letztes Mal öffnen, damit deine verdammte Seele Frieden zu finden vermag..."

Moses Jordan öffnete die Augen.

Er wandte ruckartig den Kopf in Richtung des Publikums.

Die Orgelmusik wurde mit einem swingenden Rhythmus unterlegt. Ein Gospelchor erklang aus dem Hintergrund.

"Fasst euch bei den Händen, Brüder und Schwestern! Fasst euch bei den Händen und betet dafür, dass diese sündige Seele ein letztes Mal ins Leben zurückkehrt... Lasst den Herrn unter uns sein und ein Wunder der Barmherzigkeit vollbringen. Hallelujah!"

"Amen!", antwortete das Publikum.

"Herr, lass unseren Bruder Norman erwachen!", rief Jordan.

Er hob seine Hand. Das Licht änderte sich. Es wurde bläulich und kalt. Die Szenerie auf der Bühne wirkte wie ein Blick in die Unterwelt.

Im Sarg bewegte sich etwas.

Die Menschen in der Halle hielten den Atem an.

Der Gospelchor verstummte.

Die Orgel verharrte im Tremolo.

Der Leichnam setzte sich auf. Jordan hielt dabei immer die Hand auf die Stirn des Toten, so dass das wächsern wirkende Totengesicht für das Publikum im Schatten der Hand und des Unterarms lag.

"Norman, hörst du mich?"

"Ja...", kam es dumpf zurück.

"Norman, du hast ein sündiges Leben im Dienste Satans geführt..."

"Ja..."

"Du warst ein Zuhälter an der Bowery in New York City. Du hast junge Frauen dazu gezwungen, ihren Körper zu verkaufen! Du hast sie dir mit Drogen gefügig gemacht. Außerdem hast du zahlungsunfähige Schuldner brutal verprügeln lassen! Norman, deine Mutter, die hier unter uns sitzt und ein gottgefälliges Leben in Wrinkleton, Massachusetts geführt hat, wird es nicht gerne hören, aber es hat keinen Sinn, etwas zu beschönigen! Du warst ein Verbrecher!"

Ein unartikulierter Laut war die Antwort. Er klang wie ein Stöhnen. Ein Laut des Schmerzes.

Jordan fuhr fort: "Norman, du wärst verloren gewesen, wenn deine Mutter nicht diesen starken Glauben gehabt und dafür gesorgt hätte, dass dein totes Fleisch heute hier, an diesem Ort ist. Hallelujah!"

"Amen!", antwortete die Gemeinde.