Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1946
Der Fünfte Bote
Aus der Chronik der Gharrer – sie sichern das Tor der Erleuchtung
von Uwe Anton
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Im Juli des Jahres 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung scheint sich in der Milchstraße eine neue Gefahr anzubahnen – und das, nachdem die Terraner und ihre Verbündeten in den letzten Monaten und Jahren mit der Invasion der Tolkander und dem Angriff der Dscherro genügend Schwierigkeiten zu bewältigen hatten.
Seit Vincent Garron, der sogenannte Todesmutant, aus dem Para-Bunker entkommen ist, weiß keiner der Verantwortlichen auf der Erde, was wirklich auf die Menschen im Solsystem zukommen mag. Garron ist ein gefährlicher Mörder, dessen Mutanten-Kräfte durch ein Bluesmädchen verstärkt werden; seine Ziele sind jedoch völlig unklar. Die Agenten des Terranischen Liga-Dienstes tappen bei ihren Erkundungen im dunkeln.
Das passt aber zur Situation auf Terra und den Planeten, die sich zur Liga Freier Terraner zusammengeschlossen haben: Die Wahl zum neuen Ersten Terraner steht vor der Tür, und die Chancen sind hoch, dass Paola Daschmagan, die bisherige Amtsinhaberin, vom populistischen Solder Brant verdrängt wird.
Immerhin hat sich die galaktische Situation verbessert. Dank der sanftmütigen Solmothen, der Wasserwesen vom Planeten Zyan, tagt das Galaktikum wieder – auch wenn der Tagungsort Mirkandol auf Arkon liegt, im Herzen des gefährlich hochgerüsteten Kristallimperiums ...
In dieser angespannten Situation kommt ein Wesen aus dem Pilzdom auf Trokan. Es nennt sich Mhogena – und es ist DER FÜNFTE BOTE ...
Mhogena – Der Fünfte Bote enthüllt Geheimnisse der Vergangenheit.
Cistolo Khan – Der LFT-Kommissar bekommt Besuch von »Giftgasatmern«.
Atlan – Der unsterbliche Arkonide ist als Berater gerne gesehen.
Paola Daschmagan – Die Erste Terranerin steht mitten im Wahlkampf und soll galaktische Entscheidungen treffen.
Vincent Garron – Der Todesmutant entwickelt weiterreichende Pläne.
Trokan/Garnaru
16. Juli 1290 NGZ
»Ich bin ... Mhogena ... der Fünfte Bote ... von Thoregon«, keuchte der Schwerverletzte, sackte zurück und verstummte.
Das hohe Piepsen der an seinen Körper angeschlossenen Überwachungsgeräte verwandelte sich abrupt in einen grellen Dauerton.
»Herzstillstand!«, rief Pia Mock, die Medikerin.
»Verbunden mit Atemstillstand!«, fügte der Medo-Techniker Chris Wellershoff hinzu.
Güskar Hennig stöhnte auf und warf dem Mann einen bösen Blick zu. Wenn das Herz nicht mehr schlug, setzte auch die Atmung aus. Was für ein Trottel stand da hinter den Instrumenten?
»Verdammt«, murmelte der Leiter des medizinischen Teams der Wacheinheit, die in der Stadt Moond auf Trokan stationiert war, dem neuen vierten Planeten des Sonnensystems. »Syntron, was soll ich tun?«
»Injiziere zweihundert Milligramm Apsozid!«, wies der Medo-Syntron ihn an. »Nein, warte«, korrigierte er sich umgehend. »Einhundertundfünfzig Milligramm. Die Durchleuchtung hat soeben ergeben, dass Herz und Lungen kleiner und weniger belastbar sind, als es den vorliegenden Daten zufolge bei Maahks normalerweise der Fall ist.«
»Hundertfünfzig Milligramm!«, bestätigte Güskar Hennig und warf Medikerin Mock einen fragenden Blick zu. »Defibrillator?«
»Unbedingt. Mit dem Apsozid allein schafft er es nicht.« Die schlanke Frau strahlte eine Selbstsicherheit und Ruhe aus, die Hennig völlig fremd war. Ihr langes, wallendes rotes Haar war unter einer weißen, keimtötenden Kopfbedeckung verborgen. Reine Routine, eigentlich überflüssig, denn der Patient lag in einem energetischen Rettungszelt, das mit einem Methan-Ammoniak-Gemisch gefüllt war.
Ich bin Arzt, kein Spezialist für Fremdwesen, dachte Hennig. Einen Herreach kann ich noch verpflastern, aber einen Maahk ...?
Er hatte noch nie im Leben so ein Wesen gesehen, geschweige denn untersucht. Er wusste nur über diese Spezies, was allgemein bekannt war, und verfügte nur über die rudimentärsten Kenntnisse.
»Defibrillation!«, ordnete er an.
Durch eine vorhandene Strukturlücke des Energieschirms schob der Medo-Syntron zwei Vielzweck-Tentakel zum Körper des angeblichen Fünften Boten. Einer davon fuhr ein mechanisches Skalpell aus, das den bereits an mehreren Stellen gerissenen, verschmorten oder sonst wie beschädigten Raumanzug des Verletzten an dessen Brust aufschnitt und die Falten zurückschlug. Fasziniert betrachtete Hennig die münzgroßen, blassgrünen Schuppen, die darunter zum Vorschein kamen.
Mhogenas mehrfach wiederholte Behauptung, der Fünfte Bote von Thoregon zu sein, schien von einem sechs Zentimeter breiten, schwarzen Armband an seinem rechten Handgelenk bestätigt zu werden. Als leitender Arzt der Wachtruppe am Pilzdom wusste Hennig, dass es sich dabei um ein Passantum handelte, das dem Träger den Zutritt zur Brücke der Unendlichkeit erst ermöglichte.
»Ich dachte, wir wollten den Raumanzug abdichten!«, warf Wellershoff ein.
Güskar Hennig knurrte leise. Das hatten sie vorgehabt, bevor ihnen in vollem Umfang klargeworden war, wie schwer die Verletzungen des Maahks waren. Was nutzte ein dichter Raumanzug, wenn sein Träger tot war? Jetzt kam es nur darauf an, sein Leben zu retten. Man würde schon andere Bekleidung für ihn auftreiben, die ihn vor der Sauerstoffatmosphäre schützte. Bis dahin musste er eben in dem Energiezelt bleiben.
Ein Problem nach dem anderen, dachte Güskar.
Der Vielzweck-Tentakel schob eine Injektionsnadel in die blassgrüne, fast farblose Haut des Wesens. Hennig glaubte, ein Zischen zu hören, mit dem das Apsozid verabreicht wurde, aber das war natürlich reine Einbildung.
Dann fuhren die Greifarme Paddel aus, die sich an die Brust des Maahks schmiegten. Im nächsten Augenblick zuckte dessen massiger Körper wie unter dem Schlag einer unsichtbaren Faust zusammen und dann ein paar Zentimeter in die Höhe.
Der Ton der Überwachungsgeräte blieb gleich, änderte sich auch nicht nach dem dritten Stromstoß.
»Keine Reaktion!«, meldete der Syntron.
»Verdammt«, wiederholte sich Güskar. Der Metabolismus eines Maahks war ihm völlig fremd. »Das ist nicht nur ein Eierleger, sondern auch ein Methanatmer ...«
»Dieser Begriff ist insofern irreführend«, dozierte der Medo-Syntron in nüchternem Tonfall, »als dass die Maahks in erster Linie Wasserstoff einatmen, der im Gegensatz zu Methan im Körper unmittelbar reaktionsfähig ist, also energiebildend. Methan hingegen ist in seinen Reaktionen äußerst energiearm und müsste erst aufgespaltet werden, um Wasserstoff zu bilden. Methan wird von den Maahks bei der Atmung nur in Spuren aufgenommen. Mit ihrer Nahrung führen die Maahks ihrem Stoffwechsel hingegen Stickstoffverbindungen unterschiedlicher Art zu, die als Oxidationsmittel für den eingeatmeten Sauerstoff dienen. Die Zellen der Maahks gewinnen ihre Energie, indem sie aus diesen Stickstoffverbindungen NH- oder NH2-Radikale abspalten, die dann mit dem Wasser zu Ammoniak reagieren. Ausgeatmet wird dann in erster Linie Ammoniak, das sich bei dem gegebenen Druck und den aktuellen Temperaturen noch nicht verflüssigt.«
»Das ist es!«, warf Dr. Mock ein. »Wir müssen die Atmosphäre im Energiezelt verändern. Wasserstoffanteil erhöhen, Methan- und Ammoniakanteile senken!«
Hennig warf Wellershoff einen finsteren Blick zu. Der Medo-Techniker hatte irgendwo in aller Schnelle in einem syntronischen Speicher nachgesehen und das Atemgemisch für das Energiezelt zusammengestellt. Warum hatte er das nicht überprüft?
»Also gut«, akzeptierte er den Vorschlag. »So machen wir es. Und dann wieder defibrillieren!«
»Warte!«, rief die Medikerin. »Vorher noch einmal hundertfünfzig Milligramm Apsozid.«
»Davon rate ich dringend ab«, widersprach der Syntron. »Bei dem katastrophalen Allgemeinzustand des Patienten ...«
»Ohne die Injektion schafft er es nicht!«, unterbrach Dr. Mock.
Güskar Hennig nagte an seiner Unterlippe. Ich habe keine Zeit für lange Überlegungen, dachte er. Ich muss mich sofort entscheiden, sonst stirbt der Patient mir unter den Händen weg.
Sonst hole ich ihn nicht mehr zurück, berichtigte er sich. Der Patient war soeben gestorben.
»Hundertfünfzig Milligramm, dann defibrillieren«, entschied er. »Und reinen Wasserstoff zuführen.«
Der Medo-Syntron befolgte die Anweisung.
Der Körper des Maahks zuckte hoch, dreimal, viermal, fiel so schwer auf die Unterlage zurück, dass sie geradezu erbebte.
Ob die erhöhte Wasserstoffkonzentration dem Metabolismus des Maahks einen Anstoß gegeben hatte, ob es am Apsozid lag oder an beidem, wusste Güskar Hennig nicht zu sagen. Jedenfalls verzeichneten die Überwachungsgeräte wieder einen Puls. Das Schrillen verstummte, wurde durch einen unregelmäßigen Piepston ersetzt.
Hennig atmete auf. Zwar war nach der Standardzeit des Solsystems soeben ein neuer Tag angebrochen, doch es war erst ein paar Minuten her, dass der Maahk aus dem Pilzdom getaumelt war, einem Pfeiler zur Brücke in die Unendlichkeit, über die sich in unvorstellbar kurzer Zeit andere Galaxien erreichen ließen.
»Ich bin Mhogena, der Fünfte Bote von Thoregon«, hatte er gekeucht. »Ich gehöre zum Volk der Gharrer ... meine Heimatgalaxis Chearth wird von den Guan a Var bedroht ... wir bitten die Terraner dringend um Hilfe ...«
Mehr hatte er nicht gesagt, von einem unverständlichen, vielleicht deliriösen Gestammel einmal abgesehen.
Aber er hatte Interkosmo gesprochen. Zwar mit einem harten Akzent und schnarrender Betonung der CH-Laute, doch einwandfrei die aus dem Arkonidischen entstandene galaktische Einheitssprache.
»Lebenszeichen stabil«, sagte Wellershoff. »Auf sehr niedrigem Niveau, aber immerhin. Er muss jedoch schnell fachmännisch versorgt werden, sonst stirbt er uns unter den Händen weg.«
Der Maahk schlug die vier Augen auf. Sie waren von dunkelbrauner Farbe; irgendwie kamen sie Hennig melancholisch vor. Der Arzt bemerkte, dass das äußerste linke Auge eine Ausnahme bildete. Es war nicht nur gelbgrün, sondern schien auch völlig starr zu sein; jedenfalls bewegte der Maahk es nicht. Mhogena richtete sich halb auf und hob den fest mit dem Körper verbundenen, knapp einen halben Meter hohen Kopf. Von der Schmalseite her glich die sichelförmige Wulst einem Bergkamm.
»Das Tor der Erleuchtung ...«, keuchte er. »Sie wollen es öffnen ... wenn es ihnen gelingt, wird es unser aller Untergang sein ...«
»Herzfrequenz bei hundertzwanzig, geht rapide zurück!«, meldete der Medo-Techniker.
Hundertzwanzig Schläge pro Minute ... das kam Hennig ungewöhnlich viel vor. Er hatte die Wasserstoffatmer eher für träge, schwerfällige Lebewesen gehalten. Ein Anzeichen für innere Verletzungen oder Metabolismusstörungen, die sie noch nicht diagnostiziert hatten?
Die Lider über den Augen mit den je zwei halbkreisförmigen Schlitzpupillen schlossen sich wieder, und Kopf und Oberkörper fielen schwer auf die weiche Unterlage zurück.
»Er hat das Bewusstsein verloren«, sagte Wellershoff.
»Darauf wäre ich nie gekommen«, murmelte Hennig.
»Werte sind unverändert«, fügte der Medo-Techniker hinzu. »Der Zustand des Patienten bleibt kritisch.«
Hat sich aber auch nicht verschlechtert, dachte Hennig. Jetzt konnte er sich daran machen, die schlimmsten Verletzungen des Maahkähnlichen zu behandeln.
»Die Blutung über dem linken Knie bevorzugt versorgen!«, befahl er dem Medo-Syntron. »Vielmehr über dem, was davon noch vorhanden ist.« Der Unterschenkel des Wasserstoffatmers war praktisch nur noch über einige Muskeln, Sehnen und Fleischstränge mit dem Oberschenkel verbunden.
Ein Mann in der Uniform der Wachkräfte, die den Pilzdom sicherten, kam zum Energiezelt gestürmt. Hennig kannte ihn; es war der Leiter der Wachzentrale.
»Nachricht von Cistolo Khan!«, sagte er, nach Atem ringend. »Der Fremde soll zur Erde gebracht werden, nach Terrania. Genauer gesagt: in die Xenoklinik für Fremdwesen in Garnaru. Eine Transmitterverbindung wird gerade geschaltet. – Wie geht es ihm?«, fügte er hinzu. »Ist er transportfähig?«
Hennig zuckte mit den Achseln. »Ob er die Entzerrung übersteht ... Aber wir müssen es riskieren. Hier hat er jedenfalls keine Chance.«
»Wir heben ihn mitsamt dem Energiezelt mit einem Antigravstrahl hoch und bringen ihn so zum Transmitter. Der Generator müsste jeden Augenblick hier sein.«
Der Arzt nickte, wischte sich den Schweiß von der Stirn und schaute auf den Patienten hinab.
Was ist ein Gharrer?, fragte er sich. War das ein Maahk-Volk, so wie die Gataser, die Apasos und die Tentra Blues-Völker waren? Wenn er sich recht entsann, hatten die Maahks ebenfalls einige Untervölker gebildet, die Maakar, die Grossarts ... Auch von Schattenmaahks hatte man gehört, aber Gharrer waren Hennig nicht bekannt.
»Der Generator ist da«, riss Dr. Mock ihn aus seinen Gedanken.
»Dann versuchen wir es«, sagte Hennig. »Seid vorsichtig! Keine Erschütterungen, keine schnellen Bewegungen, ganz langsam!«
Er trat zurück.
Die Techniker der Wacheinheit um den Pilzdom verstanden etwas von ihrem Handwerk. Ganz langsam schien der Maahk mitsamt des Energiezelts in die Höhe zu schweben. Wie von einer unsichtbaren Hand geschoben, glitt er dann über die gelben Ziegel des Platzes, in dessen Mitte das silberne, fenster- und türenlose Gebäude stand.
In einiger Entfernung schimmerte der Hochleistungs-Schutzschirm, der das ganze Areal umhüllte.
Wenn die Transmitterstation sich nicht außerhalb des Schirms befindet, werden sie ihn abschalten müssen, dachte Hennig. Und: Der Fünfte Bote von Thoregon. Wenn so eine hohe Persönlichkeit stirbt, weil ich für ihre Behandlung einfach nicht qualifiziert bin, kann das unabsehbare Folgen haben. Auch wenn ich mir nichts vorzuwerfen habe.
Niemand hatte sich etwas vorzuwerfen. Um die Brücke zur Unendlichkeit zu betreten, benötigte man ein Passantum. Niemand hatte ahnen können, dass ausgerechnet ein Maahk eins besaß ... und schwer verletzt aus dem Pilzdom kommen würde.
Mhogena hatte aber auch gesagt, seine Heimatgalaxis hieße Chearth. Soweit Güskar Hennig wusste, stammten die Maahks aus Andromeda. Ein anderer Begriff?
Während der nun schwerelose Körper des Patienten mitsamt des Energiezelts über den Platz geschoben wurde und eine Horde verwirrter, hilfloser Menschen ihm wie aufgescheuchte Hühner folgte, rief Güskar Hennig sich in Erinnerung zurück, was er über die neuere Geschichte der Maahks wusste.
Es war nicht viel. Sie waren ein rätselhaftes Volk, das den Kontakt zur Milchstraße seit einigen Jahrhunderten zu meiden schien. Über zwei Jahrtausende hinweg, seit dem Kampf gegen die Meister der Insel, hatten sie zu ihrem Beistandsabkommen mit den Terranern gestanden, doch nachdem während des Hundertjährigen Krieges, kurz vor den Dunklen Jahren der Monos-Herrschaft in der Milchstraße, der Weltraumbahnhof Midway-Station zerstört worden war, hatten sie sich in Andromeda isoliert und lediglich Kontakt mit den Gurrads in den Magellanschen Wolken gehalten.
Mittlerweile hatten sie zumindest wieder ihren Botschaftsplaneten Maahkora in der Milchstraße in Besitz genommen.
Und ausgerechnet ein Maahk, dachte Güskar Hennig, soll der Fünfte Bote von Thoregon sein? Dieser Umstand kam ihm einfach nicht schlüssig vor. Die Wasserstoffatmer von Andromeda hätten bestimmt etwas davon verlauten lassen.
Mhogena würde einige Fragen beantworten müssen. Falls er alles überlebte.
»Vitalzeichen schwächer«, meldete Wellershoff. »Ich kann allerdings keinen spezifischen Grund dafür ausmachen.«
Schafft mir diesen Versager vom Hals! Der Medo-Syntron kann seine Meldungen doch direkt an mich weitergeben, dachte Hennig mit einer Aggressivität, die ihn selbst überraschte und die er sich nicht erklären konnte.
Wenn er ehrlich war, kannte er den Grund dafür. Er fühlte sich hilflos und schlichtweg überfordert. Und er war mit seinem Latein am Ende. Wäre Dr. Mock nicht gewesen, würde Mhogena jetzt nicht mehr leben.
»Wir sind da«, sagte die Medikerin.
Überrascht schaute Güskar Hennig hoch. Vor ihm flimmerte das Abstrahlfeld des Transmitterkäfigs, eines quadratischen Gebildes von fast drei Metern Kantenlänge.
»Die Verbindung steht!«, sagte der Leiter der Wachzentrale.
Als wüsste Mhogena, was ihn erwartete, riss er die Augen auf. »Der Sonnentresor ...«, stöhnte er. »Die Sonnenwürmer ... sie dürfen nicht ...« Die Kräfte verließen ihn, und er wurde wieder ohnmächtig.
Hennig schob das schwerelose Energiezelt in den Käfig. Es war eng; für Dr. Mock, Wellershoff und ihn blieb kaum noch Platz.
Der Leiter der Wachzentrale nickte ihm zu. »Transport eingeleitet!«
Güskar Hennig schloss die Augen, wartete auf den Entzerrungsschmerz. Er kam, war aber keineswegs so schlimm, wie er befürchtet hatte.
Als er die Augen wieder öffnete, starrte er in mindestens ein halbes Dutzend flimmernde Mündungen von Kombistrahlern.
*
»Tritt zurück, wir übernehmen!«, sagte ein Mann in der Uniform des Terranischen Liga-Dienstes, senkte den Strahler und zerrte Güskar Hennig zur Seite. Zwei andere Agenten und zwei Medoroboter zwängten sich neben das Energiezelt und bugsierten es in den Gang.
Dort standen mindestens zwanzig weitere Angehörige des TLD. Drei Kampfroboter der TARA-V-UH-Baureihe schwebten auf Prallfeldkissen dreißig Zentimeter über dem Boden, einen Meter und fünfundsechzig große, kegelförmige Gebilde mit jeweils vier Waffenarmen beziehungsweise Abstrahlemittern verschiedener Geschütze. Hennig fiel auf, dass sich sämtliche ihrer Waffen im Aktivmodus befanden.
»Was ist hier los?«, fragte er. »Ich dachte, wir wären in einem Krankenhaus?«
»Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen«, begründete der Agent. »Wie du vielleicht weißt, haben wir hier auf Terra ein kleines Problem. Und wenn es sich tatsächlich um den Fünften Boten von Thoregon handelt ...« Der Mann verstummte.
Vielleicht will derjenige, der ihn so schwer verletzt hat, sein Werk vollenden, dachte Hennig. Aber das dürfte nicht so einfach sein. Der Bote war aus dem Pilzdom gekommen, und man benötigte ein Passantum, um ihn oder eins seiner Gegenstücke zu betreten.
Ein Ara trat neben Güskar, über zwei Meter groß, hager wie ein Gerippe, feingliedrig. Rote Albinoaugen stellten einen starken Kontrast zu der fast farblosen Haut und den ebensolchen Haaren dar, die man kaum ausmachen konnte.
»Ich bin Murx-Voxia«, sagte er, »der verantwortliche Chefarzt. Du hast den Patienten behandelt?«
»Ja«, bestätigte Güskar. »Herzstillstand. Zweimal je einhundertundfünfzig Milligramm Apsozid. Wir haben ihn defibrilliert. Eine Weile sah es so aus, als könnten wir ihn nicht zurückholen. Dann haben wir sein Atemgemisch mit reinem Wasserstoff versetzt. Vielleicht lag es daran.«
Murx-Voxia nickte. »Begleite mich«, sagte er. »Eventuell kannst du mir noch weitere nützliche Informationen geben.« Er ging schnellen Schrittes den Korridor entlang.
Güskar Hennig hätte dem Ara am liebsten gesagt, er solle sich an Dr. Mock wenden und möge ihn nach Trokan zurückkehren lassen, doch nachdem die direkte Verantwortung für das Leben des Patienten von seinen Schultern genommen worden war, kehrte ein Rest jener beruflichen Ethik zurück, die er schon verloren geglaubt hatte. Jeder noch so kleine Hinweis konnte über Leben und Tod entscheiden. Er durfte sich seiner Pflicht nicht entziehen.
Dennoch ...
»Dr. Mock sollte uns ebenfalls begleiten«, sagte er. »Sie weiß mehr über Maahks als ich.«
»Selbstverständlich.« Ein Wink von Murx-Voxia, und die Agenten machten der Medikerin Platz.
Hinter ihnen war der Patient wieder zu Bewusstsein gekommen. »Die kosmische Herausforderung«, vernahm Güskar sein krächzendes Interkosmo. »Wir dachten, sie sei schon längst bestanden ... aber sie ist erst jetzt gekommen ... wir können uns ihr nicht entziehen ...«
Murx-Voxia sah Hennig an. »Phantasiert er?«, fragte der Ara.
Der Arzt von Trokan zuckte mit den Achseln. »Er behauptet, der Fünfte Bote von Thoregon zu sein und dem Volk der Gharrer zu entstammen.«
»Das weiß ich bereits«, sagte der Chefarzt. »Man hat mich über jedes seiner Worte informiert. Wenn er tatsächlich der Fünfte Bote ist ...« Der galaktische Mediziner verstummte.
Er musste auch nicht fortfahren. Güskar Hennig wusste, was er meinte. Dann lastete auf ihnen eine unvorstellbare Verantwortung, die weit über die bloße Rettung des Lebens eines Schwerverletzten hinausging.
»Seid ihr hier für die Behandlung von Maahks eingerichtet?«, fragte er.